Das Internationale Filmfestival Kairo hat am Mittwochabend begonnen. Während neun Tagen wird es eine Rekordzahl an Filmen zeigen.

Es ist weit mehr als nur eine Selbstbehauptung: Das diesjährige internationale Filmfestival in Kairo (CIFF) verspricht das grösste und beste seiner 41-jährigen Geschichte zu werden. Quantitativ und qualitativ. 153 Filme aus 63 Ländern werden noch bis 29. November in acht Kinosälen gezeigt, darunter 35 Premieren. 15 Filme konkurrieren um den Hauptpreis, die goldene Pyramide. Hinzu kommen zahlreiche Diskussionspodien, Workshops und Seminare. Letztere finden vor allem im Rahmen der sogenannten Industry Days statt, während derer sich die Branche im Hotel Semiramis präsentiert und trifft. 

Eröffnung des Internationalen Filmfestivals in Kairo im Opernhaus © Susanna Petrin

Die Industry Days gehören zu den Erfindungen des neuen Direktors Mohamed Hefzy. Seit der Regisseur und Produzent vor einem Jahr das Festival übernommen hat, sei es viel professioneller geworden, sagen viele Filmschaffende: Es sei besser organisiert, die Filmauswahl stärker und nicht zuletzt gebe es viel mehr Möglichkeiten für Austausch und Promotion. Das Festival steht unter der Schirmherrschaft des Kulturministeriums, also des Staates. Doch Hefzy konnte zusätzliche private Sponsoren gewinnen, die nun 50 Prozent der Gesamtkosten tragen.

In einem Land, in dem es so gut wie keine direkten staatlichen Subventionen gibt, ist dieses Festival der wichtigste Anlass für die Filmindustrie. Diese darbt. 2019 gilt gar als so ziemlich das schwächste Jahr der 125-jährigen Filmgeschichte Ägyptens. Erst 21 inländische Filme sind heuer herausgekommen. Dabei gehörte Ägypten noch Mitte des 20. Jahrhunderts zu den grössten Filmnationen der Welt. Die zahlreichen Preise und Fördermittel, die nun am Festival ausgeschüttet werden, gehören mittlerweile zu den wenigen Chancen auf Geld und Ansehen in einem zunehmend schwierigen Klima für den Film. 

Zum Vergleich: Mexiko hat 2017 so viele Filme produziert wie Ägypten ungefähr die letzten sieben Jahre zusammen: 176 Stück, wie der in Kairo ansässige Botschafter Jose Octavio Tripp auf der Medienkonferenz des Filmfestivals sagte. Vielleicht hat das Festival auch deshalb Mexiko dieses Jahr zu Gast; in einer eigenen Sektion werden erfolgreiche mexikanische Filme zu sehen sein. Mexikos Filmindustrie kannte auch harte Zeiten, wie Tripp sagt, hat sich aber wieder aufgerappelt. Vielleicht kann Ägypten sich von seinem Gast ein wenig abschauen, wie man das angehen könnte.

Der Neuheiten gibt es viele. Etwa einen Fokus auf Virtual Reality. Mit Filmen, einer Ausstellung auf dem Operngelände und vor allem: mit einer Geo-Mapping App. Damit sollen Filmnostalgiker durch das Stadtzentrum laufen können und erfahren, wo welche ihrer liebsten Szenen aus alten Filmen gedreht worden sind. 

Besonders erfreulich ist, dass künftig 50 Prozent aller am Festival gezeigten Filme von Frauen sein sollen. Das Festival hat eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet, die in Cannes entworfen worden ist. Das sei nicht nur geduldiges Papier, sondern ein wichtiges Zeichen für Frauen in der Filmindustrie, sagt eine Redaktorin des ägyptischen Magazins „What women want“. 

Stars und Sternchen auf dem roten Teppich © Susanna Petrin.

Am Mittwochabend, 20. November, hat das Festival mit der üblichen Starparade auf dem Roten Teppich vor dem Opernhaus begonnen. Stargast war Terry Gilliam, der einen Preis für sein Lebenswerk bekommen hat. Der Eröffnungsfilm war Martin Scorseses „The Irishman“. Doch der erste Film interessiert am ersten Galaabend traditionellerweise kaum jemanden. Man kommt, um etwas Glitzerglimmer abzukommen. Und ist man nicht bekannt genug, um von der Fotografenhorde abgelichtet zu werden, so besorgt man sich die fünfzehn Sekunden Ruhm eben selber, Selfiestyle. 

Aufs Gesehen werden folgt nun das Sehen. Wer sich im Dickicht des Angebots zurechtfinden will, der lade am besten die Festival-App herunter. Yalla beena!