Unter einem Profil versteht man z. B. das charakteristische Erscheinungsbild einer Person. Als ich Anfang Januar dieses Jahres  das Ägyptische Museum in Kairo besuchte, fiel er mir sofort auf. Der Eine, der Einzige unter allen alten Pharaonen, der so gar nicht in das klassische Profil aller dagewesenen und nach ihm kommenden Herrscher passte.

Die Rede ist von Amenophis IV., besser bekannt als Echnaton. Nicht weniger bekannt war seine Gemahlin, wir alle kennen ihre Büste im ägyptischen Museum in Berlin: Nofretete („die Schöne ist gekommen“).

Was war besonders an Echnaton, was bewegte ihn? Er sah sich als Sohn des Sonnengottes Re, weshalb er den bis dahin gegenwärtigen Kult des Reichsgottes Amun einfach durch seinen neuen Gott Aton - die Sonne, die das Leben brachte - ersetzte. Berühmt und überliefert ist seine von ihm verfasste Hymne an Aton, der Sonnengesang: „Schön erscheinst du im Horizonte  des Himmels, du  lebendige  Sonne, die das Leben bestimmt! Du bist aufgegangen im Osthorizont und hast jedes Land mit deiner Schönheit erfüllt. Schön bist du, groß und strahlend, hoch über allem Land. Deine Strahlen umfassen die Länder  bis ans Ende von allem, was du geschaffen hast. Du bist RE, wenn du ihre Grenzen erreichst und sie niederbeugst für deinen geliebten Sohn.“

Der Ketzerkönig Echnaton, wie man ihn später nannte, verlegte die Hauptstadt Theben (heute Luxor) in seine neu gegründete Wüstenstadt mit dem Namen ACHET-ATON (Horizont des Aton), deren spärliche Ruinen noch im heutigen Tell-El-Amarna zu besichtigen sind. Diese gigantische Stadt wurde in kürzester Zeit errichtet und schon um  1346 bezogen. Er verwandte den sogenannten Talatat, einen handlichen leicht zu transportierenden und zu verarbeitenden Stein, der die kurze Bauzeit erklärt. Dort fand bei Ausgrabungen im Jahre 1912 Ludwig Borchardt im Hause des Thutmose die berühmte Büste der Nofretete. Für sie war eigens eine blaue Krone kreiert worden, die noch keine Königin vor ihr getragen hatte. Sie nahm zusammen mit Echnaton an Ritualen teil, die vorher nur dem Pharao vorbehalten waren. Da er sich selbst als Sohn des Gottes Aton sah, hatte er die Macht, die „Vielgötterei“ zu verbieten und seinen „Monotheismus“ einzuführen. Es gehörte viel Mut dazu, solch radikale Veränderungen durchzusetzen. Er stellte die Geldzuwendungen an die Priester des Amun-Kultes ein, die damit ihre Lebensgrundlage und Macht verloren. Zwar ließ er in vielen Tempelanlagen die Bilder des alten Reichsgottes entfernen und durch Bebilderung seines neuen Sonnen-Kults ersetzen, eine konsequente Ausmerzung des Amun-Glaubens gelang ihm aber nicht, sodass dieser sich nach seinem Tode schnell wieder etablierte.

Aber nicht nur die Bautechnik und die Religion wurden von Echnaton revolutioniert, sondern  auch die Kunst. Zum ersten Mal in der ägyptischen Geschichte wurden Tiere, Menschen und Pflanzen nahezu naturrealistisch dargestellt. Ebenso wurden die bisherigen Kunstregeln der Perspektivlosigkeit und Statik weitgehend aufgehoben. Echnaton selbst soll die Künstler dieser Zeit unterwiesen haben, um mit neuen Farbtönen und Techniken diese Darstellungsform zu erreichen. Es gab allerdings eine Ausnahme, die Abbildung von Echnaton selbst und seiner Familie. Die Darstellungen wirken unrealistisch, Körper und Kopf bei Mann und Frau ähnlich seltsam verformt. Was genau der Grund für diese Ausnahme war, ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Einige sehr schöne Abbildungen seiner Familie sind erhalten. Sie zeigen erstmals die innige Beziehung zwischen den Eltern und ihren sechs Töchtern.

Echnaton herrschte bis 1334 v. Chr. Im 13. Regierungsjahr seiner Herrschaft verliert sich die Spur seiner von ihm so geliebten Frau Nofretete. Die Umstände ihres Verschwindens sind bis heute ein ungeklärtes Rätsel. Ebenfalls sind der Tod und die Nachfolge Echnatons bis heute zwischen Archäologen und Naturwissenschaftlern umstritten. Sicher scheint, dass nach kurzen Wirren der minderjährige Tutanchaton seine vermutliche Halbschwester Anchesenpaaton heiratete und den Thron bestieg.

Der Hauptsitz des Reiches wurde später wieder nach Theben verlegt, die alten Götter wieder eingesetzt und schließlich änderte der junge Pharao seinen Namen von Tutanchaton in Tutanchamun. Die Regierungszeit Echnatons muss für die Ägypter eine traumatische Veränderung bedeutet haben, was das Auslöschen fast aller an seine Herrschaft erinnernden Werke erklären dürfte. Seine Bildnisse wurden nach seinem Tode zerstört, seine Hauptstadt dem Erdboden gleich gemacht. Sein Grab in Tell-El-Amarna war leer .

Zurzeit laufen im Tal der Könige in Luxor Bemühungen, ein vermutlich neu geortetes Grab zu öffnen. Es sollen sich unentdeckte Räume im Grab des Tutanchamun befinden. Viele Indizien weisen diese Räume Nofretete zu. Lassen wir uns überraschen. Vielleicht gibt es dieses Grab wirklich, und wenn dieses noch unberührt wäre…!

Quellen:
Echnaton – Die Religion des Lichts, Erik Hornung, Artemis & Winkler Verlag, 2000 https://de.wikipedia.org/wiki/Echnaton;http://www.spektrum.de/news/streit-um- tutanchamun/1172285 vom 29.11.2012;
http://www.spektrum.de/news/hinweise-auf-verborgene-kammern-gefunden/1379398 vom 28.11.15, Letzter Zugriff jeweils 23.01.2016; http://www.spektrum.de/news/vaterschaftstest-fuer-eine-mumie/1022490 16.02.10/10.4.12