Nicht nur uns, die wir hier in Ägypten leben, ist das Rote Meer ein Begriff. Es ist beliebt bei Urlaubern, bei Tauchern ebenso wie bei anderen Wassersportlern. Immerhin sprechen Wissenschaftler von über 1200 verschiedenen Fisch- und über 250 Korallenarten, von denen 17 % bzw. 8 % nur in diesem Teil der Welt vorkommen. Leider befindet sich das Rote Meer aber in einer Region, die in den letzten Jahren immer wieder von Unruhen, Anschlägen usw. heimgesucht wurde, und man braucht nicht unbedingt zu den unverbesserlichen Pessimisten zu gehören, wenn man nicht daran glaubt, dass sich dieser Zustand bald wieder zum Bessern ändern wird.
Trotzdem will ich versuchen, das Rote Meer in einem etwas anderen Licht erscheinen zu lassen. Das Rote Meer ist ein relativ junges Meer. Es entstand vor ungefähr 25 Millionen Jahren durch die Abtrennung der Afrikanischen von der Arabischen Kontinentalplatte. Der dabei entstandene Riss wurde durch Meerwasser aufgefüllt. Die geologischen Formationen sind aber noch nicht zur Ruhe gekommen. Die Kontinentalplatten rücken Jahr für Jahr einige Millimeter auseinander, sodass in einigen Millionen Jahren hier ein neuer, Afrika und Asien trennender Ozean entsteht. Heute ist das Rote Meer mit seiner Fläche von etwas über 44 000 km2 (im Norden 180 km, im Süden 360 km breit) in etwa so groß wie die Schweiz.

Taucher am Roten Meer © Ute Grupp

Und immer wieder stellt sich die Frage, woher denn der Name „Rotes Meer“ stammt. Dazu gibt es die verschiedensten Versionen und Deutungen. Da ist einmal die rötlich-orange Chlorophylvariante der Blaualge Trichodesmium erythraeum, die sich von Zeit zu Zeit ausbreitet, direkt unterhalb der Meeresoberfläche schwimmt und damit das Wasser rötlich schimmern lässt. Eine andere Version geht in die Zeit der phönizischen Seefahrer zurück, die dem Roten Meer wegen der an verschiedenen Orten vorkommenden roten Felsen seinen Namen gaben. Eine weitere Variante geht in die Zeit der Achaimeniden (erstes persisches Großreich 6. Jahrhundert bis 4. Jahrhundert v. Chr.) zurück. In jener Zeit wurden die Himmelsrichtungen mit Farben benannt. Für dieses iranische Volk lag das Rote Meer in südlicher Richtung, und diese Himmelsrichtung wurde mit „Rot“ bezeichnet. Und last but not least geht ein weiterer Erklärungsversuch auf das Volk der Himjaren zurück, die im Zeitalter der Antike im südwest-arabischen Raum herrschten. Das Rote Meer wurde damals das Meer der Himjaren genannt, was übersetzt „Meer der Roten“ bedeutet.

Sonnenuntergang © Ute Grupp

So faszinierend die Begründung für die Namensgebung ist, so faszinierend ist auch das Rote Meer selbst. In das Rote Meer fließen keine Flüsse. Der Wasseraustausch findet somit nur mit dem Indischen Ozean über die Meerenge Bab-el-Mandab statt. Zusammen mit der klimatisch bedingten hohen Wasserverdunstung führt dies zu einem hohen Salzgehalt von bis über 4 %. Das Wasser ist im Vergleich zu den Ozeanen konstant warm. Auch im Winter werden die 22 Grad kaum unterschritten. Diese warmen Wassertemperaturen sind Ursache für eine große Artenvielfalt mit einer Einschränkung: Korallen mögen Wärme nur begrenzt. Bleibt das Wasser zu lange zu warm, leidet das Wachstum gewisser Korallen darunter, ja sie können zum Teil sogar absterben. Denselben Effekt würde übrigens auch eine allgemeine Klimaerwärmung haben. Das größte Küstenstück gehört Saudi-Arabien Dieser Küstenabschnitt ist unter Touristen noch eher unbekannt, deshalb ist er im Moment auch (noch) der Geheimtipp für Taucher, umso mehr als viele Korallenriffe durch den Massentourismus in den ägyptischen Tourismushochburgen Scharm el Sheikh und Hurghada auf Jahre hinaus stark geschädigt bleiben. Weitere Anrainerstaaten sind das schon erwähnte Ägypten, der Sudan, Eritrea, Jemen und Dschibouti sowie Israel und Jordanien.

Das Rote Meer hatte schon immer eine große Bedeutung als Handels – und Transportstraße. Schon die alten Ägypter bauten einen Kanal vom Roten Meer ins Nildelta, der aber immer wieder versandete und im 8. Jahrhundert nach Christus definitiv aufgegeben wurde. Die Römer nutzten im ersten Jahrhundert nach Christus ebenfalls die Möglichkeiten über das Rote Meer für ihren Handel mit Indien. Und auch heute ist das Rote Meer als Transportweg nicht mehr wegzudenken. Der Suezkanal, der das Rote Meer mit dem Mittelmeer verbindet, wurde zwischen 1859 und 1869 auf Betreiben der Franzosen ausgehoben und zwischen 2014 und 2015 derart erweitert, dass er in beiden Richtungen gleichzeitig befahrbar ist. Der Kanal ist heute einer der bedeutendsten Devisenbringer für den ägyptischen Staat (zwischen 500 und 600 Millionen Dollar pro Monat).

Aber nicht nur als Transportweg ist das Rote Meer mit dem Öl verbunden. Mit zahlreichen Ölplattformen wird Öl gefördert, welches sich in großen Lagerstätten unter dem Roten Meer befindet.

Sie bilden gleichzeitig aber auch eine Gefahr für das empfindliche Ökosystem in dieser Region. Pannen bei der Förderung wie auch Schiffsunfälle könnten durch auslaufendes Öl das Ökosystem auf Jahre hinaus schädigen.

Ich hoffe aber, dass solche Vorkommnisse nicht stattfinden, sodass uns das Rote Meer in seiner ganzen Schönheit noch viele Jahre erhalten bleibt.