Darb al-Ahmar, die Rote Gasse, auch als al-Darb al-Gedid auf Stadtplänen zu finden, ist die letzte Etappe vor dem Bab Zuwayla, dem südlichen Stadttor. Darb al-Ahmar hat großes Potenzial und kann eine von Kairos Hauptattraktionen werden“, sagte Dina Bakhoum vom Aga Khan Trust for Culture. Tatsächlich wird das ganze Stadtquartier, das im 12. Jahrhundert entstand und von der Zitadelle über Bab al-Wazir zum Bab Zuwayla und der Souk al-Silah Straße reicht, Darb al-Ahmar genannt, die Straßenabschnitte bekamen allerdings unterschiedliche Namen. Darb al-Ahmar war einst die Hochburg für öffentliche Bäder. Mehr als 300 sollen es gewesen sein, die heute nicht mehr existieren.

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Großer Kühlschrank, kleiner Esel - Transport in Darb al-Ahmar © Leone Strizik
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92.000 Menschen beherbergt dieses historische Viertel, das ein Labyrinth von Gassen durchzieht und zu den ärmsten Kairos gehört. Die Häuser zerbröckelten, Müllhaufen säumten die Straßen und die Monumente wurden zunehmend belastet. Generell hatte Darb al-Ahmar einen schlechten Ruf. Doch es wurde ein Ort zum Leben, wo der Aga Khan Trust for Culture im Rahmen der Errichtung des nahe gelegenen Al-Azhar Parks erfolgreich Sozialprogramme, wie Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Bildung und Gesundheit, einschließlich der Wiederherstellung von zerfallenen Wohnbereichen, durchgeführt hat.

Eine Klinik wurde errichtet, die jährlich Tausende Patienten versorgt. Kurse zu den Themen Gesundheitsbewusstsein, Ernährung, Förderung von Kindern und Jugendlichen und über das Wohlbefinden von älteren Menschen, wurden abgehalten. Darüber hinaus konnten viele Bewohner Arbeit im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms finden. Hunderte Personen lernten eine Vielzahl von neuen Fertigkeiten, einschließlich Computer-Anwendungen, Büroarbeiten, Buchhaltung, Lederherstellung, Zelt- und Schmuckherstellung sowie alte Handwerkstechniken.

Ein Programm, den Müll zu entfernen, der achtlos auf die flachen Dächer geworfen wurde und stattdessen Gemüsegärten zu errichten, wurde ebenfalls initiiert. Da es kaum regnet und Ackerland durch eine immer höhere Bevölkerungszahl und Zuwanderer aus den ländlichen Gebieten zugebaut wird, bietet dieses Projekt eine visionäre Zukunftsperspektive. Wassertanks wurden auf Dächern installiert, um den generellen Mangel zu beheben und um die Pflanzen zu bewässern. Vielleicht setzt die Megalopolis und Sonnenstadt Kairo in Zukunft auf urban farming auf den Dächern. Satellitenschüsseln prägen das Stadtbild schon zur Genüge.

Blick vom Azhar-Park auf Darb al Ahmar © Leone Strizik

Al-Azhar Park, die grüne Lunge Kairos

Zwischen der Sharie al-Maghar und Bab al-Wazir zweigt die Bab al-Matarih Gasse nach Osten ab. Folgt man ihr und biegt kurz danach nach Norden ab, kommt man zu einer Passage, die zum sehenswerten Al-Azhar Park hinaufführt. Im Jahr 2011 besuchte ich mit meiner Gruppe bereits am Ankunftstag den Park. Ein Falke flog uns entgegen und landete direkt über unseren Köpfen auf einer Lampe. Ich deutete dies als gutes Omen, den altägyptischen Falkengott Horus als Begleitung zu haben. Er brachte uns tatsächlich Glück. Nicht nur, was den Besuch des Al-Azhar Parks betraf, sondern auch den Gesamtverlauf der Reise, die dem Niltal von Kairo bis Luxor gewidmet war. Sie führte uns zu koptischen Klöstern, alten Kirchen, aber auch zu pharaonischen Stätten, die sehr selten besucht werden.

Der Azhar-Park mit der Zitadelle im Hintergrund © Leone Strizik

Unzählige Jugendliche und Erwachsene strömten durch das Haupttor in den Park. Es herrschte Feiertagsstimmung, überall waren lachende Menschen zu sehen. Die Revolution, die neun Monate zurücklag, schien den Ägyptern gut zu tun. Die grüne Lunge Kairos, die mit ihren Gebäuden, Kaffeehäusern, einem großen See, Bäumen und Pflanzen zum „Seele baumeln lassen“ einlädt, ist ein magischer Ort in der lärmenden und versmogten Stadt. Das Restaurant, auf einem Hügel thronend, versetzt uns mit orientalischer Architektur und faszinierenden Interieurelementen in die Zeit von Tausendundeine Nacht. Hier gibt es auch atemberaubende Blicke auf die Gartenanlagen, die Zitadelle und die Muhammad Ali Moschee.

Im Azhar-Park: Junge Besucherinnen posieren mit Leone © Leone Strizik

Auf der anderen Seite sind die Totenstadt, das Armenviertel Manshiet Nasser und die Hochhäuser des sozialen Wohnbaus zu sehen. Kinder spielen, schöne junge Frauen mit Kopftuch lachen mich an und wollen mit mir fotografiert werden. Familien picknicken und bitten ebenfalls um Fotos, die sie mit ihren Mobiltelefonen von uns machen möchten. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich, einfach zum Wohlfühlen. Mit Ibrahim, der uns begleitet, besprechen wir die nächsten Tage und schlendern dann zum Ausgang. Eine lange Reihe von Jugendlichen steht vor dem Tickethäuschen der Showbühne. Ibrahim findet heraus, dass einer der bekanntesten Popstars Ägyptens an diesem Abend auftreten wird. Vorfreude und Begeisterung sind den Menschen ins Gesicht geschrieben, so wie mir die Freude über diese Eindrücke. Ganz anders war es im Oktober 2012, als die Muslimbrüder und Salafisten das Land beherrschten. Wenn ich die Stimmungen in Farben ausdrücken müsste, würde ich für den Besuch 2011 die Vielfarbigkeit wählen und für 2012 Grau-Schwarz.

Die Idee, Kairo einen Park zu schenken, wurde 1984 vom Aga Khan geboren, als er von seinem Hotel auf die Hügel von Darassa und den Müll, der sich innerhalb von 500 Jahren angesammelt hatte, blickte. So kam es, dass der Park im Jahr 2005 nach zwanzig Jahren planen, umplanen und verschieben, eröffnet werden konnte. Vielleicht hat der Aga Khan dieses Projekt auch aus nostalgischen Gründen initiiert und mit dreißig Millionen Dollar finanziert, weil seine Vorfahren, die Fatimiden, von 969 bis 1171 prunkvoll in Kairo residierten und regierten.

1992 begannen die Arbeiten und in den Folgejahren wurden über 765 Kubikmeter Material abgetragen, wovon 160.000 Kubikmeter an anderer Stelle zum Auffüllen benutzt wurden. 605.000 Kubikmeter wurden mit 60.000 Kubikmetern Spezialsand und Mutterboden vermischt und das Grundstück, das insgesamt dreißig Hektar umfasst, wurde damit bedeckt. Während der Müll abgetragen wurde, kam es zu einer Sensation, denn die fünfzehn Meter hohe Stadtmauer aus der Ayyubidenzeit mit einer Länge von eineinhalb Kilometern konnte freigelegt werden. Sie wurde mit den Türmen restauriert und in das Gartenprojekt integriert.

Die Planer legten großen Wert darauf, islamische Gartenbautraditionen zu berücksichtigen, um an die glorreiche Vergangenheit der Stadt zu erinnern, und auch an die Fatimiden, die an dieser Stelle einen Garten angelegt hatten. Gärtnereien wurden im Park und außerhalb eröffnet, um die besten Pflanzen und Bäume für den Park zu finden und sie zu vermehren. Derzeit gibt es an die neunzig Baumarten, fünfzig verschiedene Sträucher, fünf Sorten Gras, viele unterschiedliche Kletterpflanzen, Bodendecker und Sukkulenten. Über 600.000 Pflanzen von Ablegern und aus Samen wurden bereits gezogen und können auch von Privatpersonen erworben werden.

Der Text ist ein Auszug aus „Das Wunder Kairo. Geschichten aus der Mutter aller Städte" von Leone Strizik. Erschienen bei BoD – Books on Demand, Norderstedt 2018