Weltweit erwarten Freunde und Fans der altägyptischen Kultur voller Ungeduld die Eröffnung des „Great Egyptian Museum“, das als das weltgrößte und – bedeutendste seiner Art gilt. Mit von der Partie der Gestalter und Erbauer ist das Stuttgarter Architekturbüro ATELIER BRÜCKNER, das mit der Gestaltung der Tutanchamun-Galerie beauftragt ist.

Das sagenumwobene Grab des Kindkönigs Tutanchamun wurde vor genau 100 Jahren, am 4. November 1922 im Tal der Könige entdeckt. Im Grand Egyptian Museum wird der Grabschatz nun erstmals komplett ausgestellt. Die Ausstellungsgestaltung stammt von ATELIER BRÜCKNER. „Wahrhaft ein Jahrhundertprojekt!“, sagt Shirin Frangoul-Brückner, Geschäftsführerin des Stuttgarter Studios für Szenografie.

Im Dezember 2016 wurde das Atelier mit der Gestaltung der Tutanchamun-Galerie beauftragt. Sie umfasst 7500 Quadratmeter Ausstellungsfläche und liegt im zweiten Obergeschoss eines Neubaus, unweit der Pyramiden von Gizeh. Dieser wurde vom irischen Architekturbüro heneghan peng architects entworfen. Das weltweit größte Museum ägyptischer Kunst und Kultur mit einer Gesamtfläche von über 90.000 Quadratmetern steht kurz vor der Eröffnung.

Zu den zentralen Herausforderungen zähle die erwartete Besucherzahl von über 15.000 Menschen täglich, so heißt es in der Pressemitteilung des Ateliers. „Für sie hat ATELIER BRÜCKNER eine narrative Besucherführung konzipiert, die in Räumen von riesiger Dimension auch kleine Objekte entsprechend ihrer überragenden Bedeutung strahlen lässt.“

Das GEM-Grafik-Team bei der ArbeitⒸReiner Pfisterer

Zwei parallel verlaufende Flügel, je rund 180 Meter lang und bis zu 16 Meter hoch, bilden die Tutanchamun-Galerie. Gezeigt werden sämtliche Objekte aus dem Grab Tutanchamuns, 5400 Stück – darunter etwa 3000, die bisher noch nie zu sehen waren. Attraktion ist nicht zuletzt die Maske Tutanchamuns, die bisher im Ägyptischen Museum am Tahrir-Platz beherbergt war und als eines der wertvollsten Kunstartefakte der Welt gilt.

Die fantastische Reise auf den Spuren Tutanchamuns werde als stimmige, räumlich eindrucksvolle Erzählung erlebbar, heißt es: Der Besuchende begleitet den sagenumwobenen Gottkönig durch sein Leben und über den Tod hinaus bis zum Leben im Jenseits. Zuletzt stößt er auf sein Grab in Form eines abstrakten, medial bespielten Modells in Originalgröße. Das Zusammenspiel von Architektur und Narration, von Materialien, Licht, Grafik und interaktiven Medien bewirke ein emotionales Erlebnis, das in Erinnerung bleibe.

Um die unterschiedlichen Grabbeigaben des Tutanchamun erlebbar zu machen, wollten wir die Objekte nicht einfach nur zeigen und mit einem Text versehen, sondern wir wollten über die Dinge die Besucher in die Geschichte eintauchen lassen,“ beschreibt Geschäftsführerin Shirin Frangoul-Brückner das zentrale Anliegen. „Deshalb haben der Auftraggeber und wir uns für einen szenografischen Ansatz entschieden und mit Raumbildern, Raumambiente und Raumdramaturgien gearbeitet, um den Weg des Königs vom Leben über den Tod bis zum Leben nach dem Tod zu erzählen und die Besucher in die mystische Welt der Ägypter zu entführen. Hinzu kommt, dass sich die Ausstellung in zwei Richtungen begehen lässt: einmal im Uhrzeigersinn und einmal in entgegengesetzter Richtung.“

Der Streitwagen Tutanchamuns im Modell@Claudia Luxbacher

In der einen Richtung wird den Besuchern die Geschichte des jungen Pharaos erzählt, sie lernen seine Herkunft und Familie kennen und entdecken, wie er aussieht und wie er stirbt, wie er mumifiziert und eingewickelt wurde. Den Höhepunkt bildet die weltberühmte goldene Maske, der ein eigener Raum gewidmet ist. Gleich danach wird in einem anderen Bereich der Jenseitsglaube der Ägypter thematisiert, Tutanchamuns Fahrt ins Totenreich und sein Leben im Jenseits.

Geht man den Weg andersherum, ergibt sich ein eher wissenschaftlicher Blick auf den Weg, den Howard Carter vor einhundert Jahren gegangen ist, als er auf das Grab stieß. „Wie ein Archäologe öffnet man hier einen Raum nach dem anderen, zum Schluss die Grabkammer, die Schreine und den Sarkophag. Man wickelt die königliche Mumie Lage um Lage aus und erfährt schließlich anhand von DNA-Untersuchungen, wie der Pharao damals ausgesehen hat“, so Designerin Tanja Zöllner.

Ganz bewusst haben die Gestalter Mittel des Storytellings gewählt, um die Besucherinnen und Besucher in einer durchgängigen Geschichte ganz nah an den Pharao herankommen zu lassen. Im Zusammenspiel von Materialien und Details sowie Licht und Akustik, Grafik und interaktiven Medien entsteht ein starkes emotionales Erlebnis.

Das ATELIER BRÜCKNER prägt auch darüber hinaus den Besuch des Grand Egyptian Museums. Neben der Tutanchamun-Galerie lag die Gestaltung der Haupterschließungsachse des Museums in den Händen der Stuttgarter: Der Außenbereich des Museums mit seinen Flaggen und das Atrium mit einer mehr als elf Meter hohen Statue Ramses II. Hinzu kommen die ausdrucksstarken Grand Stairs – 180 Meter langes Rückgrat des Museums mit tonnenschweren Großskulpturen – und ein Kindermuseum mit 3500 Quadratmetern Ausstellungsfläche.

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