Nordafrika, ja sogar der ganze Kontinent ist nicht gerade bekannt für seine Flugzeugmuseen. Außer einem in Südafrika gibt es nur das Museum der ägyptischen Luftwaffe, angrenzend an die al-Maza Air Base in Kairo. Zudem ist hier einer von zwei noch existierenden Prototypen der Helwan HA-300 ausgestellt, einem in Ägypten gebauten Überschallflugzeug. Zwei gewichtige Gründe für einen flugzeugbegeisterten Menschen wieder einmal nach Ägypten zu reisen!

Das Ziel meiner Reise nach Ägypten Anfang Juli 2017 waren deshalb nicht etwa die weltberühmten Pyramiden von Gizeh oder das bekannte ägyptische Museum, sondern außer einem kurzen Segeltörn auf dem Burullus-See im Nildelta mit den ganz eigentümlichen floßähnlichen Fischerbooten eben der Besuch im Luftwaffenmuseum.

Welcome im neuen Luftwaffen-Museum

Am 7. Juli standen wir also in brütender Hitze vor dem geschlossenen Tor des erst 2016 eröffneten Museums. Die moderne Gestaltung des Eingangs ähnelt einem Flugzeugflügel mit Düsentriebwerk. Wir waren wohl noch etwas zu früh, aber nach einigem Hupen öffnete sich eine Seitentüre und ein junger Soldat kam heraus, um zu fragen, was wir wollten. „Welcome!“, begrüßte er uns freundlich und das große Tor öffnete sich. Am Ende der 200 Meter langen Zufahrt konnten wir unser Auto unter einem Schattendach abstellen und gingen dann gleich zum internen Tor, um die umgerechnet knapp drei Euro Eintrittsgeld zu bezahlen. Und hier kam bereits die erste Besonderheit des Museums zum Vorschein: Man läuft nicht einfach hinein, sondern wird abgeholt und erst einmal zu einem Kaffee in einer parkähnlichen Anlage geladen. Dort muss man etwas warten, um danach in einer Gruppe durch die Ausstellung geführt zu werden. Dem ungeduldigen Besucher kommt das natürlich nicht entgegen, es entspricht aber dem Konzept des Museums. Die Führungen und Aktivitäten dienen vor allem auch dazu, dass junge Ägypter, die in Schulklassen hierher gebracht werden, etwas über die neuere Geschichte ihres Landes lernen. Die Außenanlage ist sehr familienfreundlich eingerichtet und nicht wenige einheimische Besucher kommen wohl eher wegen der Grünanlagen und des Spielplatzes für die Kinder am Wochenende hierher und nicht vorrangig wegen der Flugzeuge.

Futuristisch: der Eingang zum neuen Luftwaffen-Museum © Kuno Gross

Nun, um Punkt zehn Uhr wurden wir von einer freundlichen jungen Dame abgeholt, und es stellte sich heraus, dass mein Begleiter und ich die einzigen ausländischen Besucher waren und somit die ganze „Gruppe“ bildeten – was uns natürlich sehr gelegen kam. Der äußere Bereich des Museums besteht aus einem ringförmigen Schattendach, das die meisten der ausgestellten Flugzeuge gut vor der Sonne schützt. Dem Fotografen bereitet dieses Dach aber einige Mühe. Während die Führerin erklärte, um welches Flugzeug es sich jeweils handelte, wie es in Ägypten eingesetzt wurde und welche Verbesserungen man daran vornahm, hatte man genug Gelegenheit, alles zu fotografieren. Das erste Exponat war eine HA-200.

Interessant: An der Konstruktion von Al Kahira - die Siegreiche - war auch der deutsche Ingenieur Messerschmitt beteiligt © Kuno Gross

Das aus Spanien stammende Flugzeugmodell war von einem deutsch-spanischen Team unter Leitung des deutschen Konstrukteurs Willy Messerschmitt entworfen und 1959 an die ägyptische Luftwaffe verkauft worden. Unter der Bezeichnung „Al Kahira“ – die Siegreiche – wurde die HA-200 in Helwan in Lizenz gebaut. Weiter besichtigten wir verschiedene sowjetische Flugzeuge der Hersteller Mikojan-Gurewitsch und Suchoi, eine Mirage und dann Trainingsflugzeuge mit Kolbenmotoren sowie eine etwas traurig dreinschauende Antonov An-2. Neben dem Doppeldecker sind verschiedene Helikopter zu besichtigen. Hier war der mächtige Transporthubschrauber Mil Mi-6 das eindrücklichste Stück.

Imposant: der russische Hubschrauber MIL MI-6 © Kuno Gross

Im Zentrum der Ausstellungsstücke steht eine riesige Tupolev Tu-16. Dieser russische Bomber zog meine Blicke immer wieder auf sich. Er wird flankiert von einer amerikanischen F-16, einem einstrahligen Mehrzweckkampfflugzeug und einer F-4 Phantom II, einem bekannten Überschallflugzeug aus amerikanischer Produktion.

Die Geschichte der ägyptischen Luftwaffe

Die Geschichte der 1930 gegründeten ägyptischen Luftwaffe ist wechselvoll und spiegelt in der Typenvielfalt der Flugzeuge auch die außenpolitische Ausrichtung des Landes wider. Am Anfang stützte man sich hauptsächlich auf britische Hersteller, flog aber auch italienische Jagdflugzeuge von FIAT und Macchi. In den 1950er Jahren erwarb Ägypten die Lizenz zur Fertigung der aus Deutschland stammenden Bücker Bü 181 und fertigte dieses Flugzeug unter dem Namen „Gomhouria“bei Heliopolis Air Works.

Historisch: In den 50er Jahren wurde die Bücker Bü 181 in Ägypten unter dem Namen "Gomhouria" nachgebaut. © Kuno Gross

Durch die Suez-Krise kam es zur Annäherung an die Sowjetunion. Bei der Aufrüstung der ägyptischen Luftwaffe und dem Einstieg ins Jet-Zeitalter kamen nun fast ausschließlich sowjetische Hersteller zum Zuge. Aber die Ägypter wollten nicht von einem einzigen Land abhängig sein und setzten sehr viel daran, eine eigene moderne Flugzeugproduktion aufzubauen. Mit Spanien schloss man ein Lizenzabkommen zum Bau der HA-200 „Saeta“, einem leichten Mehrkampf- und Trainingsflugzeugs, und übernahm auch das Projekt des Mach-2-Abfangjägers HA-300. Das Projekt HA-300 wurde 1969 aus Kostengründen und wohl auch auf Druck aus der Sowjetunion eingestellt. Unter Präsident Sadat wandte man sich von der Sowjetunion ab und näherte sich den USA an. In der Folge änderte sich auch der ägyptische Flugzeugpark. Und obwohl das Projekt, einen eigenen Überschalljäger auf den Markt zu bringen, fehlgeschlagen war, gab Ägypten die eigene Flugzeugproduktion nie ganz auf. So fertigte man ab 1999 80 Stück Nanchang K-8E Jettrainer, deren Komponenten aus China angeliefert wurden. Ab 2005 wurden noch einmal 40 Flugzeuge dieses Typs in eigener Fertigung produziert.

Deutsch-ägyptische Flugzeugtraditionen

Nach dem Rundgang wechselten wir in die klimatisierte Halle, in der anhand von Fotos, Illustrationen, Modellen und Artefakten die Geschichte der ägyptischen Luftwaffe erklärt wurde. Hier wird der sowjetische Abfangjäger MiG-21 in einem Diorama schön präsentiert. Daneben gibt es noch eine ganze Anzahl von Flugzeugmotoren, Artefakten und Uniformen, die natürlich in einem Luftwaffenmuseum nicht fehlen dürfen. Nicht so gelungen erscheinen die zwei Nachbauten der britischen De Havilland DH 60 Moth. Die zweisitzigen Doppeldecker waren die ersten Flugzeuge der ägyptischen Luftwaffe. Man muss wohl davon ausgehen, dass die authentischen Exemplare aus den 30er Jahren verloren gingen.

Exotisch: Die ersten Flugzeuge der ägyptischen Luftwaffe - der britische Doppeldecker De Havilland DH 60 Moth © Kuno Gross

Unser Hauptaugenmerk in der Halle galt aber der Helwan HA-300, einem ägyptischen Überschall-Kampfflugzeug aus den 1960er Jahren. Der Flugzeughersteller Helwan Aircraft kaufte damals die Konstruktionsunterlagen für den Bau eines Mehrzweck-Überschallkampfflugzeuges von dem Hersteller Hispano Aviacion. Damit kamen Mitarbeiter des deutschen Flugzeugkonstrukteurs und Unternehmers Willy Messerschmitt, der das Muster entworfen hatte, ins Land, um gemeinsam mit einem ägyptischen Team das Jagdflugzeug zu bauen. 1963 begann der Bau des ersten Prototyps, der den Einsatzbedingungen in Ägypten angepasst worden war und so deutliche Unterschiede gegenüber dem ursprünglichen Entwurf erfahren hatte. Der erste der drei flugfähigen Prototypen kam in den 1990er-Jahren nach Deutschland, wurde dort sorgfältig restauriert und in der Flugwerft Oberschleissheim ausgestellt. Seit 2015 befindet er sich im Flugmuseum Messerschmitt in Manching, wo er für Besucher jedoch nur noch eingeschränkt zugänglich ist. Es hat sich aber glücklicherweise auch noch der zweite Prototyp erhalten, und dieser ist hier im Luftwaffenmuseum in Kairo frei zugänglich.

Selten: Von der HA 300 gibt es nur noch zwei Prototypen - in Kairo und im Flugmuseum Messerschmitt in Manching © Kuno Gross

Fazit: Wenn man in Kairo ist und sich für Flugzeuge interessiert, dann darf man sich einen Besuch in diesem Museum auf keinen Fall entgehen lassen.

Adresse: El-Orouba Street, Heliopolis, Cairo, Egypt

Telefon: +20 102 402 8270

Website: Egyptian Air Force Museum (Facebook)

Der Original-Artikel erschien in "Klassiker der Luftfahrt" 2018-4