Am 6. Juni 2017 war es soweit: Christa Afifi , die seit Gründung des Papyrus-Magazins 1983 als ständiges Redaktionsmitglied dabei ist, übergab zusammen mit zwei Freundinnen aus der aktuellen Papyrus-Redaktion ihr sorgsam gehütetes Archiv an die Rare Books and Special Collections Library (RBSCL) der Amerikanischen Universität Kairo (AUC): Von den ersten in Plastikhefter eingebundenen Kopien mit interessanten Tipps und Hinweisen aus dem Jahre 1983 bis hin zu einem Exemplar von Heft 5 2015/16 stehen nun alle Ausgaben von Papyrus im Archiv der AUC-Bibliothek für seltene Bücher und besondere Sammlungen, ein Großteil auch in digitaler Form.
Christa übergibt das Papyrus-Archiv an Stephen Urgala © Yvonne Krause
Schon Wochen vorher hatte Christa ihre Sammlung zu Hause sortiert und aufgeräumt – auch zur großen Freude ihres Mannes, dem die alten Papiere immer wieder im Wege waren. Für sie war es kein einfacher Abschied: An dem in 34 Jahren immer wieder aktuellen und interessanten Papyrus-Magazin für Deutsche in Ägypten und Ägyptenfreunde in Deutschland haben nicht nur sie selbst, sondern insbesondere viele freiwillige, sehr engagierte Mitarbeiter im Redaktionsteam mitgewirkt. Weil die meisten nur zeitlich begrenzt in Ägypten lebten, erneuerte sich bis auf Christa das Team immer wieder.
Ein besonderer Trost ist ihr, dass „mein liebevoll behütetes Archiv an einem für die Zukunft sicheren Ort bleibt, für alle zugänglich, die sich dafür interessieren. Hier in der Bibliothek wird diese Sammlung professionell betreut und befindet sich in renommierter Gesellschaft“, stellt sie mit Freude und Befriedigung fest. Alle Hefte sollen in der kommenden Zeit auch digital archiviert und auf der Website digitalcollections.aucegypt zugänglich sein.
In der neugebauten AUC in New Cairo liegt die Bibliothek - oder wie es heute heißt: Libraries and Learning Technologies - im Zentrum der Anlage. Im dritten Stock ist die RBSCL untergebracht. Sie stellt eine eigene Abteilung dar und dient der Forschung und Lehre in Kunst, Kultur und Wissenschaft des Mittleren Ostens. Die Abteilung dokumentiert das alte, mittelalterliche und moderne Ägypten, mit besonderem Schwerpunkt auf Ägyptologie, islamische Kunst und Architektur sowie Reiseliteratur.
Das Papyrus-Team bewundert eine Ausstellung © Yvonne Krause
Die Abteilung sammelt insbesondere alles, was mit dem modernen sozialen, kulturellen und intellektuellen Leben Ägyptens zu tun hat, z.B. neuzeitliche ägyptische Architektur, Kunst einschließlich Kino, Fotografie und andere Medien, soziale Geschichte, schwerpunktmäßig der Frauen, islamische und koptische Studien. Vor allem werden auch Dokumente zur Geschichte der AUC seit ihrer Gründung zu Beginn des 20. Jahrhunderts gesammelt.
Beeindruckend ist die Vielfalt von Dokumenten, wie Bücher, Zeichnungen, Fotos, Filme, Karten, Pläne, Poster, Banner und andere Artefakte, audiovisuelle Medien und handschriftliche Notizen. So warten z.Zt. handschriftliche Aufzeichnungen der ägyptischen Frauenrechtlerin Hoda Shaarawy auf ihre Erfassung und Archivierung, genauso wie ein Fotoalbum einer ehemaligen AUC-Studentin aus ihrer Studienzeit in den 50er Jahren, neben Postern und Aufrufen aus der jüngsten Revolution. Die Materialien sind in Englisch, Französisch, Deutsch und Arabisch.
Sammlung K.A.C. Creswell © Yvonne Krause
Tief beeindruckt hat uns die Sammlung von K.A.C. Creswell, der 1879 geboren wurde, während des 1. Weltkriegs in Ägypten stationiert war und später als Inspektor für Altertümer mit der Erforschung und dem Fotografieren islamischer Monumente zwischen Euphrat und Ägypten begann. Zunächst seit 1931 von König Fouad I. als Dozent für islamische Architektur an der Kairo-Universität berufen, wurde er 1956 ordentlicher Professor für Islamische Kunst und Architektur an der AUC. Er gilt als Begründer des Studiums der islamischen Architektur. Nach seinem Tode 1974 wurde die komplette Sammlung an die AUC übertragen mit Ausnahme der Foto-Negative. Seitdem betreut die RBSCL seine einzigartige Sammlung alter Bücher und Pläne.
In dem besonders klimatisierten Raum befinden sich ebenfalls mehrere bemerkenswerte Folianten, unter anderem eine Koranhandschrift, die auf das 14. Jahrhundert datiert wird, sowie Teile des Illustrationsbandes der Description de l'Egypte. Das wissenschaftliche Mammutwerk wurde von Gelehrten der französischen Kampagne Napoleons in Ägypten verfasst und beeindruckt durch wunderschöne Illustrationen zur ägyptischen Kultur, die bis heute als Nachdrucke beliebt sind, aber auch von Vögeln und anderen Tieren. Die AUC hat eine mehrbändige Kopie der ersten Ausgabe dieses Werkes, das um 1809 in Paris verlegt wurde, sowie eine Kopie der zweiten Ausgabe. „Nur sehr wenige Bibliotheken besitzen beide Ausgaben“, betont voller Stolz Mark Mühlhäusler, Direktor des Exzellenz-Zentrums für mittelöstliche und arabische Kulturen.
Wertvolle Folianten © Yvonne Krause
Ebenfalls wurde die private Bibliothek des zeitgenössischen Politikers und Diplomaten Boutros Boutros Ghaly aufgenommen. Eine Ausstellung gibt sowohl Einblicke in die Persönlichkeit des ehemaligen UN-Generalsekretärs als auch in die Zeitgeschichte.
Das Archiv bietet weitere Ausstellungen an, wie z.B. von Margo Veillon, einer 1907 in Kairo geborenen Schweizerin, die bis zu ihrem Tode 2003 in Maadi lebte und arbeitete und zu den beliebtesten Künstlerinnen Ägyptens gehört; von den bekannten Architekten Wissa Wassef und Hassan Fathy, Fotografien von Emile Béchard aus den 1870er Jahren, Jahrbücher der AUC und Protokolle der Vorstandssitzungen. Es sind Postkartensammlungen zu bestaunen und auf der Website findet sich unter dem Titel oral history auch eine Sammlung Interviews zur Zeitgeschichte.
An diesem Ort hat nun das Papyrus-Archiv seine beständige Bleibe gefunden. Für die AUC „dokumentieren die Ausgaben ein Stück ägyptischer Zeitgeschichte“, so Mark Mühlhäusler. „We are grateful for your donation, and hope that this resource will be useful for students and researchers, too”.
Wir danken Mark Mühlhäusler sowie Stephen Urgula, dem Leiter des Archivs, und deren Mitarbeitern Amr Omar und Engy El Gammal für ihre wertschätzende Gastfreundschaft.