Kurz vor Weihnachten genoss ich noch die wärmende ägyptische Sonne und fühlte mich angesichts der Minustemperaturen und des schauerlichen Schmuddelwetters in Europa doppelt wohl. Jetzt beginnt Tuba, der kälteste Monat im koptischen Kalender, der auf altägyptische Jahreseinteilung zurückgeht. Alle in Ägypten Ansässigen wissen um die kalten Tage und Nächte, die uns im Januar/ Februar bevorstehen. Wenn die Kälte aus den Mauern, Decken und Böden in die unbeheizten Wohnungen ausstrahlt, kann das Thermometer im Wohnzimmer gerade einmal 15 Grad anzeigen. Besonders nach Norden gelegene Zimmer, im Sommer ein Segen, werden zu Eiskammern. Besucher registrieren diese Kälte weniger, zumal tagsüber zumeist die Sonne warm scheint.
Zur unverzichtbaren Ausrüstung für alle, die längere Zeit in Ägypten verbringen, gehören deshalb warme Winterkleidung - dicke Pullover, Socken, Skiunterwäsche und Jacken - und warme Decken für zu Hause und evtl. für ungeheizte Arbeitsräume. Wärmflaschen sind an kalten Winterabenden willkommen, genial sind elektrische Heizdecken, die sich nachts automatisch ausschalten.
Aber auch in der ägyptischen Kochkiste finden sich für den Winter einige traditionelle Rezepte, die helfen die Kälte aus den Knochen zu vertreiben.
Das beliebteste Wintergericht in Ägypten ist die Suppe aus gelben Linsen – shorbat a’atz asfar. Dafür gibt es unzählige Rezepte, je nach Region, und jede Familie hat noch einmal ihre eigene Art der Zubereitung. In unserer Familie ist es eine eher leichte Variante aus Gemüse und gelben Linsen. Diese Suppe wird eigentlich nur im Winter gekocht und als Vorspeise oder Snack zum Aufwärmen zwischendurch gerne „getrunken“, wie man auf Arabisch beim Verzehr für alle Suppen sagt.
Bei den Straßenverkäufern finden sich in der kalten Jahreszeit Kichererbsen in einer würzigen Sauce – hommos el sham. Serviert wird diese würzig-heiße Speise traditionell im Glas, heutzutage mit Vorliebe in einer Plastiktüte mit Strohhalm.
Mahshi cromb - Kohlwickel - sind ein beliebtes Wintergericht©Ulrike Leone via Pixabay
Bei den in Ägypten so beliebten Mahshi, das ist mit Reis gefülltes Gemüse, stehen im Winter Kohlwickel - Mahshi cromb an der Spitze der Beliebtheitsskala. Ähnlich geformt wie Weinblätter, wärmen und sättigen sie ganz besonders.
Blila, eine süße Milchsuppe aus Weizenkörnern und Reis, die nach Geschmack mit Rosinen, Nüssen und Zimt gegessen wird, erfreut sich besonders zum winterlichen Frühstück großer Beliebtheit. Das Gericht ist, mit etwas Stärke angedickt, eine beliebte Süßspeise mit Namen Aschura. Traditionell wird es am gleichnamigen schiitischen Feiertag zum Gedenken an die Schlacht in Kerbala am 10. Tag des Monats Aschura serviert. Hier verlor ein Enkel des Propheten Mohammed, Imam Husain, sein Leben. Sein Haupt wurde nach Kairo gebracht, wo es bis heute in einem Schrein in der nach ihm benannten Moschee am Khan-el-Khalili liegen soll. Die Imam-Husain-Moschee gehört zu den heiligsten Orten Ägyptens und wird jährlich von Tausenden Pilgern besucht.
Während an warmen Sommerabenden geröstete Maiskolben ihr leckeres Aroma verströmen, zieht in der kalten Jahreszeit der Duft gerösteter Süßkartoffeln oder Patata durch die Straßen und lockt die durch die Kälte besonders hungrigen Menschen an. Häufig sieht man am Straßenrand Holzkarren mit einem Holzkohleofen, in dem die Patata geröstet werden und die dann möglichst heiß direkt aus der Hand gegessen werden.
Geröstete Maronen oder Esskastanien bzw. Abu Farwa, wie sie in Ägypten genannt werden, findet man auf der Straße gar nicht mehr. Diese teure Leckerei ist für die meisten Menschen nicht mehr erschwinglich, ist aber in rohem Zustand um diese Jahreszeit in Supermärkten und bei Obsthändlern zu finden und relativ einfach zu Hause zuzubereiten.
In den Cafés ist Sahlab das Wintergetränk. Sahlab ist eines der beliebtesten Heißgetränke im türkischen und arabischen Raum. Ursprünglich wird das Sahlab-Pulver aus gemahlenen Orchideenwurzeln des Knabenkrauts gewonnen, heutzutage verwendet man vor allem Mais- oder Weizenstärke. Es wird mit Zucker in Milch eingerührt und aufgekocht. Gerne bestreut man es mit gehackten Nüssen und Sesam.
Unser Lieblingsgetränk ist Karkade-Punsch. In Ägypten wird Karkade nur eiskalt als Erfrischungsgetränk im Sommer genossen. Es ist aber auch im Winter als Punsch sehr schmackhaft und wärmend. Dazu eine Handvoll getrocknete Karkade-Blüten vom Gewürzhändler, 4-5 Gewürznelken, 1-2 Stangen Zimt, etwas Sternanis und getrockneten oder frischen Ingwer in 1 l Wasser aufkochen. Nach Geschmack noch andere Gewürze, Zitronen- und Orangenstückchen hinzufügen und bei niedriger Temperatur 5 Minuten ziehen lassen. Durch ein Sieb geben und nach Belieben süßen. Wer es ganz warm und gemütlich möchte, kann noch einen Schuss Rum, Whisky, Gin o.ä. dazutun.
Auf jeden Fall ist gegen die Kälte zu Hause tagsüber Sonne tanken und abendliches Kuscheln zu empfehlen.
Rezepte zum Nachkochen
Gelbe Linsensuppe
Je 1 große Karotte, Zucchini, geschälte Kartoffel und mittelgroße geschälte Zwiebel würfeln.
1/2 Tasse (125 gr) gelbe Linsen waschen.
1 Tomate oder ein EL Tomatenmark
1 l Wasser
Alles ca. ½ Std. kochen, nur kurz abkühlen (nicht kalt werden lassen), dann mit einem Pürierstab zerkleinern und ggf. durch ein Haarsieb passieren. Die Suppe sollte eine sämige Konsistenz haben, wenn sie zu breiig ist, Wasser hinzufügen.
4 Knoblauchzehen fein hacken,
1 Suppenwürfel
1 TL Salz
1 TL Kamoun (Kreuzkümmel)
1 Löffelspitze scharfes Paprikapulver
1 TL Butter
dazugeben und gut ca. 5 Minuten kochen lassen.
Nach Geschmack nachwürzen.
1 Lamoun auf dem Teller in die Suppe geben und möglichst heiß genießen.
Heiße Kichererbsen oder hommos el sham
Eine Tasse trockene Kichererbsen 12 Stunden einweichen. Dann in 2 l Salzwasser ½ Stunde garen lassen.
Würzmischung aus viel frischem feingehacktem Knoblauch, 1 TL Salz, scharfem Paprika, 1 TL Kreuzkümmel und 1 EL Essig herstellen.
2 EL Kichererbsen mit 150 ml heißem Kochwasser in ein Glas oder eine Tasse geben und reichlich von der Gewürzmischung und viel Lamoun dazugeben. So heiß und scharf wie möglich verzehren.
Gefüllte Kohlwickel oder mahshi cromb
Kohlblätter ablösen, mit den äußeren Blättern den Kochtopf auslegen, damit die Mahshi nicht anbrennen. Die inneren Kohlblätter kurz kochen, damit sie weich werden.
Füllung aus Reis, geriebener Zwiebel, geriebener Tomate, frischer Knoblauchzehe, frischer Petersilie, Koriander, Dill, Salz Pfeffer, Paprika, getrocknetem Koriander, Piment, Salz und Pfeffer und Olivenöl anrichten.
Ein großer Teelöffel Reisfüllung in einem Stück Kohlblatt fest einrollen (je kleiner desto feiner), dicht in den Topf schichten.
Heißes Wasser mit Suppenwürfel leicht würzen und die Kohlröllchen fingerbreit damit bedecken.
Alles zum Kochen bringen, 15 Minuten bei reduzierter Temperatur kochen lassen und dann ca. 1 Stunde bei niedrigster Temperatur quellen lassen.
Süßkartoffeln oder patata
Süßkartoffeln in Wasser garkochen (20 Min) und direkt aus der Schale essen. Nach Geschmack würzen, evtl. mit Honig oder Ahornsirup. Man kann die Patata auch kürzer vorkochen und im Grill oder eine Heißluftfritteuse karamellisieren lassen. Patata halten sich gepellt gut im Kühl- oder Gefrierschrank.
Maronen, Esskastanien oder Abu Farwa
Maronen auf der gewölbten Seite mit kleinem, spitzem Messer kreuzförmig einritzen. Vorsicht! Das ist nicht ungefährlich für die Finger.
In einem Kochtopf mit Wasser gut bedeckt aufsetzten und 30 Minuten kochen lassen.
Etwas abkühlen lassen und dann schälen. Kalte Maronen lassen sich schlecht schälen, man kann sie jedoch einfach wieder erhitzen. Geschälte Maronen halten sich gut im Kühlschrank und im Gefrierfach.
Weizen-Milchsuppe oder Blila
1 Tasse Weizenkörner (Amh) 30 Minuten in 1l Wasser kochen, dann ¼ Tasse Reis hinzufügen. Evtl. Wasser dazugeben. Aufkochen und zugedeckt 1 Stunde ziehen lassen.
¼ l Milch und eine Suppenkelle von der Körner-Reismischung in einem Topf erhitzen, nach Geschmack etwas Butter, Rosinen, Zucker, Honig, Zimt, Kokosflocken dazugeben und servieren. Schmeckt auch kalt sehr lecker, wärmt dann aber nicht mehr.
Die vorbereitete Körner-Reis-Mischung hält sich gut im Kühlschrank.