Mit dem Eröffnungskonzert der neuen Reihe „Kammermusikkonzerte Frühjahr 2018“ begann an der DEO ein besonderes Experiment: DEO-Schulleiter Oberstudiendirektor Roland Harken sowie der Chefdirigent des Kairoer Sinfonieorchesters und Musikdirektor der Kairoer Oper, Ahmed el Saedi, begrüßten eine neue Kooperation von Kairoer Oper und DEO: Während in die DEO Musikleben auf höchstem Niveau einzieht, bekommen die Künstler der Kairoer Oper neue Auftrittsmöglichkeiten und können ein neues Publikum außerhalb der Oper gewinnen. Im Idealfall begeistern sie insbesondere DEO-Schüler für die Klassische Musik, die dadurch angeregt werden, ein entsprechendes Instrument zu erlernen.
Auftakt zu dieser Reihe war ein Violoncello- und Klavierabend am 1. Februar 2018, der vermuten lässt, dass dieses Experiment gelingen wird. Denn es war ein wunderbarer Abend.
Victoria Kapralova begleitet von David Hales © Cairo Symphonyorchestra
Die Cellistin Victoria Kapralova, Solistin im Kairoer Symphonieorchester, dem Philharmonischen Kammerorchester und der Ägyptischen Sinfonietta, europaweit bekannt durch Auftritte in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien, be- und verzaubert die Zuhörer. Sie schließt vom ersten Moment an die Augen – ein Leichtes für sie, denn sie spielt das gesamte Programm auswendig, - und entrückt sich selbst in die vielfältige Klangwelt des Cellos. Und sie nimmt den Zuhörer mit, der ebenfalls nur die Augen zu schließen und zu lauschen braucht – den Flageoletten, den virtuos gespielten Läufen, den vielen Doppelgriffen, dem Vibrato, den Pizzicati oder sogar Finger- und Bogentremoli. Kapralova liebt ihr Instrument und lebt die Musik sicht- und hörbar aus. Sie umschließt ihr Cello innig mit beiden Armen, nimmt es in ihre Mitte und senkt ihren Kopf so tief über das Griffbrett, dass die bei virtuosen Läufen hochschnellenden Finger ihrer linken Hand die Wange berühren. Ihre Bogenführung ist raumgreifend. Sie seufzt, atmet hörbar ein und aus, atmet die Phrasen und melodischen Phrasen wie ein Bläser. Sie lässt die Musik für den Zuhörer lebendig und plastisch werden. Wunderbar!
In David Hales, dem bekannten langjährigen Korrepetitor und Pianisten an der Kairoer Oper, findet Kapralova ihren idealen Partner. Beide musizieren perfekt zusammen – haben Blickkontakt, atmen und beginnen und beenden die Phrasen zusammen.
David Hales bereitet der Künstlerin einen Klangraum, auf dem sich ihr Cellospiel ausbreiten kann. Im ersten Teil des Konzertes ist Hales zwar noch etwas zurückhaltend. Besonders bei den „5 Stücken im Volkston“ für Violoncello und Klavier op. 40 von Robert Schumann hätte der Klangteppich entsprechend einer romantischen Klangvorstellung stärker sein können, ebenso, wie teilweise weniger Vibrato und eine weichere Artikulation des Cellos dem Vortrag eine, wie von Schumann gefordert, humorvollere Leichtigkeit gegeben hätten. Schumanns Komposition beschließt den 1. Teil des Konzertes, in dem weiterhin eine Transkription einer Toccata von Girolamo Frescobaldi sowie Variationen über ein Thema aus W. A. Mozarts „Don Giovanni“ von Franz Danzi zu hören waren. Nach einer Pause wird der Zuhörer in die rhythmische und inspirierende Welt spanischer Musik entführt. Hier blühen beide Musiker regelrecht auf. Nach der Spanischen Serenade op. 20 Nr. 2 von Alexander Glazunov zeigen sie besonders in dem bekannten Werk „Le grand Tango“ von Astor Piazolla ihr Können. Sie präsentieren ihn stilgerecht im Tango-Rhythmus, engagiert und mitreißend, markant und kräftig, gefühlvoll und leidenschaftlich. Hales improvisiert leicht mit vom Jazz inspirierten Synkopen, wird im zweiten Teil des Stücks gesanglich und dialogisiert mit dem Cello. Beide Musiker entladen im dritten Teil ihre Energie. Kapralova brilliert mit Doppelgriffen und Glissandi. Und auch die folgende Komposition „Exprompte“ von Alexander Arutunian zeigt das Engagement beider Künstler in Rhythmik und virtuoser Spieltechnik. Kapralova fasziniert mit Bogentremoli und flinken Fingern, Hales mit rhythmischen Akkorden und lebendiger Dynamik. Und so endet das Konzert mit Enrique Granados´„Spanischer Tanz“ und Manuel de Fallas „Feuertanz“ temperamentvoll und mitreißend.
Dem lang anhaltenden Beifall des begeisterten Publikums wird mit zwei Zugaben, dem „Schwan“ aus dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens sowie „Apres un reve“ von Gabriel Faure, gedankt. Nach diesem wunderbaren Konzertabend erwarten uns im Frühjahr 2018 noch zwei weitere Kammermusikkonzerte dieser Vortragsreihe, die man sich vormerken sollte.