Grau, unscheinbar, klein duckt sich die St. Andrew’s United Church of Cairo unter die mächtigen Betonstreben und Stahlträger der beiden Flyover an der Kreuzung 6. Oktober-Schnellstraße und 26. Mai-Tangente, einem lärmumtosten Ort zwischen Ramses-Bahnhof und Tahrir-Platz.

Das eiserne Tor steht einen Spalt offen und führt, vorbei an einem freundlichen Wachmann, in den kleinen Hof der Kirche. Im Schatten einiger Palmen, Büsche und Schattendächer warten vorne rechts Männer, die meisten mit ihrem Mobile beschäftigt, weiter links sitzt eine Gruppe Frauen, überwiegend mit Kleinkindern und Babys auf dem Arm, und im Hintergrund spielen Schuluniform tragende Jungen und Mädchen im Grundschulalter unbeschwert Hula-Hoop. Heute ist ein ruhiger Tag - so erfahre ich später. Normalerweise drängen sich hier 150-200 Menschen bis auf die Straße; Männer, Frauen, Kinder, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und nun im Moloch Kairo beim St. Andrew‘s Refugee Service (StARS) Schutz und Unterstützung zu suchen.

Frauen und Kinder im Warteraum © Barbara Wibmer

Die Flüchtlingsorganisation in der St. Andrews United Church

Der Fels in dieser Brandung aus Flüchtlingen und Verkehrslärm ist Barbara Wibmer. Die 33jährige Juristin kam als begleitende Partnerin ihres Mannes Ende Oktober 2014  aus Österreich nach Kairo. Noch ohne praktische Erfahrungen in Flüchtlingsfragen begann sie ein halbes Jahr später in der Rechtsberatung von StARS, vor einem Jahr übernahm sie die Position der stellvertretenden Leiterin der Organisation. Ihr Schreibtisch steht in einem winzigen Büro, das sie sich mit drei weiteren Mitarbeitern teilt. „Platzmangel ist unser allgegenwärtiges Problem“, stellt sie klar, aber trotz der drängenden Enge auf dem Hof, im Verwaltungsgebäude und den Bürocontainern ist die Stimmung ruhig, entspannt und freundlich.

„Die beiden letzten Jahre waren eine sehr spannende Phase mit umwälzenden Veränderungen für StARS", sagt Barbara Wibmer. Vor zwei bis drei Jahren schlossen viele nichtstaatliche Einrichtungen, Kurzbezeichnung NGOs. Infolgedessen verringerte sich auch die Zahl der Organisationen zur Betreuung von Flüchtlingen drastisch. Die St. Andrews-Gemeinde als kirchliche Einrichtung gehört nun zu den wenigen verbliebenen Anlaufstellen für Geflüchtete. Mit der Zahl der Hilfesuchenden wuchs auch die Zahl der Mitarbeiter. Viele hat StARS von ehemaligen Organisationen übernommen. „In unserem psychosozialen Team zum Beispiel hatten wir vor zwei Jahren sieben Sozialarbeiter, heute haben wir 90 - Tendenz weiterhin steigend", veranschaulicht Wibmer die enorme Expansion.

Der Ursprung von StARS begann Ende der siebziger Jahre, als vermehrt Flüchtlinge aus dem Sudan in Kairo bei der 1899 gegründeten Gemeinde um Unterstützung baten. Aus dem für den dringenden Bedarf gedachten Kleiderspenden und Englischunterricht wurde 1979 ein regelmäßiger wöchentlicher Treffpunkt für Flüchtlinge und in den Neunzigern eine organisierte dauerhafte Einrichtung zur Betreuung von Flüchtlingen, dem St. Andrew‘s Refugee Service.

Flüchtlingspolitik in Ägypten – das internationale Flüchtlingskommissariat

Seit den fünfziger Jahren ist in Ägypten die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen, United Nations High Commissioner for Refugees oder kurz UNHCR, im Auftrag der ägyptischen Regierung für Flüchtlingsfragen, insbesondere auch für Anerkennungs- und Asylverfahren zuständig. Die Anerkennung verläuft wie in allen anderen Ländern der Welt nach den Regeln der Genfer Konvention. Wenn Flüchtlinge in Ägypten ankommen, gehen sie zum internationalen Flüchtlingshochkommissariat in der 6.Oktober-Stadt, wo sie zunächst registriert werden und später als anerkannte Flüchtlinge ein Anerkennungsdokument ausgestellt bekommen, das von der ägyptischen Regierung anerkannt wird. Das Verfahren kann sich über Jahre hinziehen. Für Wirtschaftsflüchtlinge werden von UNHCR keine Anerkennungspapiere ausgestellt.

Nach den internationalen Abkommen gibt es für Asylbewerber auf Dauer drei Optionen:
1.Freiwillige Rückkehr, wenn die Lage im Heimatland sicher ist.
2.Das sogenannte „resettlement“, bei dem eine eng begrenzte Anzahl von ausgewählten anerkannten Flüchtlingen an Drittländer – meist in den USA oder in Europa - weitergeleitet wird.
3.Die lokale Integration, die in Ägypten jedoch schwierig ist.
Deshalb leben zahlreiche Flüchtlinge seit über 20 bis 30 Jahre in Ägypten im Duldungsstatus, d.h. alle sechs Monate eine neue Residenz in der Mugamma beantragen zu müssen und nur beschränkten Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem und zum Arbeitsmarkt zu haben. Dieser Status gilt auch für die hier geborenen Kinder und Enkel, so dass mittlerweile in der dritten Generation Flüchtlinge mit Duldungsstatus in Kairo leben.

Flüchtlinge in Kairo

Laut UNHCR sind Ende August 2017 in Ägypten 211 000 Asylbewerber – anerkannte und noch nicht anerkannte – registriert, davon 123 000 aus Syrien. Nicht alle Flüchtlinge sind jedoch registriert, Expertenschätzungen gehen von insgesamt 500 000 bis 700 000 Flüchtlingen in Ägypten aus.

Die Registrierungen bei UNHCR sind gewaltig gestiegen: Im Juni 2017 ließen sich monatlich ca. 5000 Personen registrieren, das sind 70% mehr als letztes Jahr. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die Situation in den Ursprungsländern, hier vor allem in den Kriegsgebieten Südsudan, Syrien, aber auch in Sudan, Eritrea. Die meisten Flüchtlinge aus Afrika kommen mit Schmugglern über den Sudan und dann über Assuan mit Bus und Bahn nach Kairo. Früher konnten syrische Flüchtlinge visafrei und meist per Flugzeug nach Ägypten gelangen, jedoch wurden zwischenzeitlich die Visafreiheit für Syrer aufgehoben und sie nehmen jetzt ebenfalls den Umweg über Sudan, da hier die Kontrollen an den Grenzen weniger konsequent sind.

Erschreckend und sehr beunruhigend ist der Anstieg bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen: Waren es in der Vergangenheit pro Tag fünf bis sechs, melden sich zur Zeit 50-70 täglich; lag das Alter zwischen 15-17 Jahren, werden heute schon Achtjährige von Schleppern in Kairo ausgesetzt.

StARS hilft

StARS steht grundsätzlichen allen notleidenden Asylsuchenden unabhängig von Nationalität, Stammeszugehörigkeit oder Religion offen, die Klienten – so heißen sie offiziell – kommen in der Regel aus Äthiopien, dem Sudan, dem Südsudan, Eritrea, Somalia und Syrien. Programme, die auf die Bedürfnisse der Klienten abgestimmt werden, sollen den Flüchtlingen helfen ein Leben in Sicherheit und Würde zu führen.

StARS arbeitet dabei mit vielen Flüchtlingsgemeinden in Kairo zusammen. Diese Communitys sind entweder Gruppen im Rahmen von Kirchengemeinden oder von Moscheen, die sich um Flüchtlinge kümmern und vor allem Neuankömmlingen eine Einstiegshilfe bieten, oder andere Gruppierungen, die auf private Initiativen hin teilweise aus Selbsthilfegruppen entstanden sind. Sie nehmen die Flüchtlinge auf und bieten ihnen in der Gemeinschaft anderer Flüchtlinge und mit Unterstützung lokaler Helfer eine erste Unterkunft. „ Dies ist umso wichtiger als Flüchtlinge nach einer bereits alptraumhaften Flucht bei ihrer Ankunft in Kairo feststellen müssen, dass insbesondere für Kinder das Leben im armen, aber übersichtlichen Flüchtlingscamp im Süd-Sudan einfacher war als in Kairo, wo jeder auf sich gestellt ist und ein darwinistischer Kampf ums Überleben stattfindet“, fasst Barbara ihre Erfahrungen zusammen. Gerade Kinder drohen hier im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder zu kommen.

Beratung für Flüchtlinge © Barbara Wibmer

Rechtsberatung im juristischen Dickicht

Das zu verhindern ist Aufgabe des Refugee Legal Aid Programms (RLAP), der Rechtsberatung von StARS. RLAP hilft seinen Klienten, sich im Dickicht der UNHCR Regeln zu orientieren. Dabei geht es vor allem um Betreuung, Begleitung und Vertretung der Flüchtlinge beim Registrierungsprozess beim UNHCR. 20 Rechtsberater und 30 Übersetzer helfen ihnen beim Ausfüllen von Formularen und begleiten sie im Verfahren, schicken sie auch in Communitys, wo sie sozialen Halt und Struktur finden. Sie stehen Asylsuchenden zudem in Berufungsverfahren bei. Das RLAP-Team koordiniert und leitet Ibrahim. Der 25-Jährige arbeitete zuvor bei der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Heute hängt sein Herz an StARS: „What inspires me to do this work is my belief in the rights of refugees including their right to durable solutions. I believe that ultimately the empowerment of refugees is key to securing refugee rights, and this work allows me to advocate for my believes.”

Ibrahims Team arbeitet für seine Klienten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, im Rahmen von Gruppen- und Individualberatung. Wünschenswert aufgrund ihrer Erfahrung wäre, wenn Flüchtlinge bei ihnen Unterstützung suchen, bevor sie von anderen Menschen fehlberaten werden. Dies gelte vor allem für unbegleitete Kinder.

Wichtige Aufgaben übernimmt RLAP auch für das sogenannte „resettlement“ (Umsiedlung) beim UNHCR. Hierfür werden nur ca. 2% der Flüchtlinge ausgewählt und direkt in Aufnahmeländer weitergeleitet. Bei der Auswahl für besonders gefährdete Asylbewerber führt die Rechtsberatung in Vereinbarung mit der UNO das erste Screening durch, bevor das Flüchtlingshochkommissariat entscheidet.

Im Vorzeigeprojekt arbeiten Flüchtlinge für Flüchtlinge

Sehr stolz ist StARS auf ein einzigartiges neues Programm, in dem Flüchtlinge zu Helfern in den Communitys ausgebildet werden. Von 220 Mitarbeitern sind 80 - 85 %  selber Flüchtlinge. Sie werden – je nach Bedarf – on-the-job trainiert, lernen mit Computern zu arbeiten, Gesprächsführung und schriftliche Kommunikation. Aus der Sicht von StARS ist das personelle Potenzial der Flüchtlinge nicht nur unverzichtbar, um die ständig steigenden Zahlen der Asylsuchenden zu bewältigen. Nach den Erfahrungen haben zudem gerade diese Personen aufgrund ihres eigenen Schicksals besondere persönliche Erfahrungen und unbezahlbare Kenntnisse der Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Ägypten, die Außenstehenden völlig fehlen. Sie wissen sehr genau, was die Menschen durchleiden, teilen ihre Schicksale, kennen aber auch die Schlichen und Tricks und nehmen Unfairness viel stärker wahr; wenn z.B. eine alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern zurückstehen muss für jemanden, der sich durch eine konstruierte Geschichte Privilegien erschleicht. Bei StARS funktioniert dieses gemischte Management besser als man es sich je erträumt hätte.

Rechtsberatung und ein psychosozialer Service, der Flüchtlinge bei seelischen oder sozialen Notfällen durch Missbrauch, Isolation oder Depressionen professionell unterstützt, arbeiten eng zusammen. Insbesondere für unbegleitete Minderjährige gibt es Programme zur allgemeinen Unterstützung, für Unterkunft, soziale und schulische Integration sowie medizinische Versorgung. Vom Internationalen Roten Kreuz unterstützt, werden Hygieneartikel und Nahrungsmittel in den Stadtteilen Maadi und Ard el Lawa vor allem an unbegleitete Minderjährige ausgegeben.

Die medizinische Versorgung der Flüchtlinge läuft in der Regel über die Caritas, die Mittel aus den Flüchtlingsprogrammen der UN erhält. Weil diese aber immer knapper werden, kann eine reguläre medizinische Behandlung schon länger nicht mehr bezahlt werden. Selbst für lebensrettende Behandlungen, z.B. Dialysen oder Chemo-Therapien, fehlt häufig das Geld.

StARS hat in dieser Notsituation ein weiteres besonderes Projekt ins Leben gerufen, das ebenfalls auf dem Potenzial und den Kenntnissen der Flüchtlinge basiert: Im medizinischen Team arbeiten Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern, die zu Hause ausgebildete Fachkräfte waren, unter der Leitung eines syrischen Arztes zusammen. Einerseits leisten sie in akuten Notfällen erste Hilfe vor Ort im Zentrum. Aber von größerer Bedeutung ist: Das Team pflegt ein lokales Netzwerk von Ärzten und Krankenhäusern, die von ihnen empfohlene Flüchtlinge pro bono behandeln. Außerdem setzt es sich; nach einer medizinischen Begutachtung; bei der UNO für besondere Härtefälle ein. StARS sammelt zudem Spenden für sogenannte „medical grants“, um zusätzliche Kosten für Behandlungen zu decken, wenn z.B. ein Arzt umsonst operiert, aber der OP-Raum im Krankenhaus bezahlt werden muss. Selbst mit geringen Mitteln bringen „medical grants" bereits großen Nutzen, wie Barbara Wibmer am Beispiel eines hörgeschädigten Flüchtlings erklärt: „Er hatte einen Job als Bauwab oder Türhüter gefunden, wodurch nicht nur Geld für die nötigsten Ausgaben, sondern vor allem eine Unterkunft für seine Familie zur Verfügung stand. Als sein Hörgerät kaputt ging, konnte er sich kein neues leisten und verlor aufgrund seiner Schwerhörigkeit innerhalb kurzer Zeit Arbeit und Unterkunft. Nachdem ihm der Sozialfond von StARS ein neues Hörgerät beschaffen konnte, konnte er sofort auch seinen Posten als Bauwab wieder aufnehmen."

Kindergarten für die Kleinsten © Barbara Wibmer

Hilfe durch Bildung

Aus dem vereinzelten Englischunterricht von einst ist ein auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge abgestimmtes Bildungsprogramm geworden.

Für drei- bis sechsjährige Kinder gibt es Kindergarten und Vorschule, einschließlich einer Erziehungsberatung für Eltern. Bevorzugt werden hier Kinder aufgenommen, die einen alleinerziehenden Elternteil haben oder deren Eltern berufstätig sind, und deren Kinder andernfalls ohne Aufsicht zu Hause bleiben müssten. Ein Teil dieser Kinder ist seit 2017 in der benachbarten Deutschen Evangelischen Kirche untergebracht. In anderen Stadtteilen fehlen jedoch weiterhin dringend benötigte Räume.

250 Schülerinnen und Schüler besuchen bei StARS eine Schule, die das sudanesische Curriculum auf Englisch unterrichtet und mit den sudanesischen Abschlüssen nach der 8. und 11. Klasse abschließt. Diese werden in Ägypten als Zugang für die Universität anerkannt. Jeden Tag erhalten die Kinder in der Schule ein Frühstück und eine Mittagsmahlzeit.

Ab drei Uhr nachmittags verlassen die Kinder das Areal von StARS und die Kurse für Erwachsene beginnen. Neben Sprachunterricht in Englisch und Arabisch auf verschiedenen Kenntnisstufen gibt es Computer-Training, aber auch Ausbildungen in Werken, Nähen, Friseurarbeit sowie Henna-Malerei.

In besonderen Programmen werden zudem Lehrer, Berater und Trainer ausgebildet, die in den über ganz Kairo verteilten Communitys tätig werden. Neben der Schule in StARS gibt es z.B. das African Hope Learning Center in Maadi, in Zamalek engagiert sich die St. Joseph‘s Kirche vor allem für eritreische Kinder. Neben den Kirchengemeinden haben die Syrer gut organisierte Communitys und eine Schule in Eigenverantwortung, die recht groß geworden ist. Ihre Finanzierung, die oft zu knapp ist, erfolgt über syrische Organisationen, StARS engagiert sich bei der Lehrerausbildung. Eigentlich sollten syrische Kinder ägyptische Schulen besuchen und müssten ägyptische Abschlüsse machen. Dafür erhält der ägyptische Staat von der UN finanzielle Mittel. Die Umsetzung in der Praxis, ob Anmeldung oder Integration syrischer Kinder ins ägyptische Schulwesen, klappt jedoch nicht zufriedenstellend. Nur ein Teil der Kinder schafft deshalb einen ägyptischen Schulabschluss und erhält ein Zeugnis. Trotz aller Bemühungen werden hier in Zukunft riesige Probleme bestehen, weil Generationen von Kindern aus ihrem Bildungssystem und ihrer Umgebung gerissen wurden.

Gemeinsam spielen © Barbara Wibmer

Schnelle unproblematische Hilfe

Voller Stolz berichtet Barbara, dass StARS die einzige Organisation in Kairo ist, wo Flüchtlinge ohne Termin hereinmaschieren und ihr Anliegen mit einem Rezeptionisten besprechen können. Morgens ab 9 Uhr sind ihre Mitarbeiter bereit für die Hilfesuchenden. Dass es nicht zu Rangeleien und ewigen Wartezeiten kommt, ist schlichtweg das Ergebnis guter Organisation. Es geht schnell und unproblematisch zu: In einem Team werden Anliegen gefiltert und einfache Anfragen direkt bearbeitet, wenn z.B. jemand eine online verfügbare Information im Anerkennungsverfahren braucht, wird sofort am Computer nachgeschaut. Komplexere Fälle schickt man zum psychosozialen Team, das in einem aufgestockten Container arbeitet und nur über eine kleine Treppe erreichbar ist. Die Schreibtische in diesem ca. 65 qm Raum stehen dicht an dicht. Einige Stoffparavents schaffen für besonders sensible Fälle halbwegs private Räume. Aber auch hier herrschen trotz der Enge allgemeine Gelassenheit und freundliche Offenheit.

Häufig geht es bei den Beratungsgesprächen um Vergewaltigungs- und Misshandlungsfälle. Geflüchtete Frauen und Mädchen arbeiten vor allem in privaten Haushalten und sind vor Übergriffen kaum geschützt. Auch der Verlust oder gar die Entwendung ihres Flüchtlingsausweises, dem einzigen legalen Dokument, stürzt Flüchtlinge in existenzielle Not.  Dem Diebstahl dieses Identitätsnachweises zum Zweck der Erpressung oder des Missbrauchs sind besonders Kinder hilflos ausgeliefert. Wie wehrlos gerade Minderjährige sind, erlebte Barbara vor kurzem selber, als sie zufällig vor der Tür auf zwei Jungen stieß, denen ein erwachsener Mann ihre Ausweise abgenommen hatte und sie um 50 Pfund erpressen wollte.

StARS ist eine einzigartige Organisation in Kairo, es gibt nur wenige, allerdings viel kleinere Organisationen, die Flüchtlinge unterstützen bzw. die Communitys bei der psychosozialen Betreuung coachen. Für seine besonderen Projekte ist das Zentrum auch auf freiwillige Helfer und materielle Spenden, insbesondere Räumlichkeiten, Kleidung und Geld angewiesen. Für Interessierte steht die Website stars-egypt.org zur Verfügung.