Als interessante Zeitdokumente aus der Wende ins 20. Jahrhundert stellen wir „Zur Kur an den Nil“ und den Architekturführer zur Innenstadt Kairo vor, die zur gleichen Zeit erbaut wurde. In wenige Herbsttage des Jahres 1956 und atemberaubende fünf Minuten kurz vor Ausbruch eines 3. Weltkrieges führt uns „Blood and Sand“. „Kunst am Nil“ umfasst die Erlebnisse einer deutschen Galeristin, die in den 70er Jahren beruflich nach Kairo kam,  während Leone Strizik sich in „ Das Wunder Kairo“ als Touristin durch Kairos Vergangenheit und Gegenwart bewegt. Schlussendlich bereitet Omar Hamilton den Umsturz in Ägypten 2011 bis 2013 aus der Sicht der jungen oppositionellen Aktivisten in einer fesselnden Erzählcollage auf. Weitere Werke sind der Kategorie erzählte Geschichte zuzuordnen. Von den Pharaonen über Tunesien um 1900 bis zu den Schicksalen und Leiden der Umbrüche im arabischen Raum bieten die Romane und Erzählungen großes Lesevergnügen und neue Erkenntnisse.    

Kunst am Nil – Als deutsche Galeristin in Ägypten

Von 1981 bis 2011 hat die deutsche Galeristin Ursula Schernig in Ägypten gelebt und gearbeitet. Zusammen mit ihrem Ehemann, der mehrere Jahre Lehrer an einer deutschen Schule in Kairo war, kam sie an den Nil. Sie gründete und leitete viele Jahre die Ragab-Gallery. 

Nicht nur auf ihrer Suche nach dem Nachlass unbekannter Künstler hob sie einige Schätze. Sie förderte auch die ägyptische Volkskunst , die sie in Kairo aber auch in den Dörfern des Deltas und Südägyptens entdeckte. 

Diesen – von westlichen Kunstvorstellungen und städtischen Strömungen unberührten – Künstlerinnen und Künstlern vermittelt sie Ausstellungen in ihrer eigenen Galerie in Fürth und internationalen Foren.

Als Zeitzeugin schildert sie authentisch und sehr persönlich ihre Erlebnisse und Beobachtungen in einem sich unaufhaltsam veränderndem Ägypten. Voller Humor und Empathie für ihr geliebtes Land am Nil beschreibt sie Land und Leute, ihre Freude, aber auch ihre Irritationen und Kämpfe bei der Begegnung sowie die Grenzen, auf die sie als Ausländerin immer wieder stößt. Informationen zu Ägypten im Wandel als unterhaltsame und nachdenklich stimmende Lektüre verpackt.

Ursula Schernig: Kunst am Nil – Als deutsche Galeristin in Ägypten. M.-G.-Schmitz-Verlag. Nordstrand 2017. 22 Euro. 361 Seiten. 

Zur Kur an den Nil – Die Ägyptenreise von Max und Otto Meyerhof im Winter 1900/01

Im Winter 1900 machen sich Max Meyerhof und sein Verwandter Otto auf die Reise von Berlin nach Ägypten, weil sie in dem damals renommierten und auch in Europa bekannten Kurort Helwan Linderung für ihre Krankheit suchen wollen. Helwan ist besonders bekannt für sein trockenes Klima und sein schwefelhaltiges Wasser.

In seinem Reisetagebuch überliefert Max seine Eindrücke und Erlebnisse auf dieser Reise von Berlin über Wien und Triest nach Alexandria und Kairo. Wegen des schlechten Winterwetters in Helwan fahren sie nach einigen Wochen weiter nach Luxor und Asswan. Vorläufig genesen und voller neuer Eindrücke von diesem exotischen Land begleiten die Leser die beiden Männer auf ihrem Rückweg bis Italien.

Otto Meyerhof macht zunächst in Deutschland Karriere und erhält 1922 als erster Deutscher den Nobelpreis für Medizin, bis er vor der Judenverfolgung nach Amerika fliehen muss. Max entschließt sich schon zwei Jahre später nach Kairo zurückzukehren, wo er aufgrund seiner Kontakte gut aufgenommen wird. Schon bald wird er zu einer Koryphäe in der Augenheilkunde und genießt gesellschaftliche Anerkennung als Orientkenner und Anlaufstelle für viele Orientreisende. 1928 wird ihm für seine Verdienste als Orientalist und Arabist die Ehrendoktorwürde der Universität Bonn verliehen. Er stirbt 1945 in Kairo und seine Aufzeichnungen gelangen in das Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, wo sie in der 1960er Jahren wiederentdeckt werden.

Isolde Lehnert, Bibliothekarin am DAIK, hat mit kollegialer Unterstützung die handschriftlichen Aufzeichnungen Max Meyerhofs transkribiert und veröffentlicht. Darüber hinaus wird das Reisejournal ergänzt durch kurze Zusammenfassungen der Tagebucheinträge sowie sorgfältig und umfassend recherchierte Ergänzungen und Erklärungen zum Hintergrund und illustriert durch reichhaltiges Bildmaterial. Das Ergebnis ist eine weit über individuelle zeitgenössische Reiseschilderungen hinausgehende Dokumentation des gesellschaftlichen Lebens im europäisch-ägyptischen Kontext der Jahrhundertwende. Dem heutigen Leser bietet sich eine Fülle interessanter und bis dato wenig bekannter Informationen über das Leben in dem „Fremdenviertel“, wie das neue Kairo damals heißt, mit Esbekeya als schönster Geschäftsstraße. Die Herausgeberinnen nutzen die persönlichen Aufzeichnungen für weitere sorgfältig recherchierte  Exkursionen, wie z.B. über das Kurwesen in Helwan und Asswan, über das Leben in der recht großen deutschen Gemeinde in Kairo, die florierende Bierstube des August Gorff, ebenso wie über den Hotelmagnaten, den Schweizer Charles Baehler, sowie die Anfänge des ägyptischen Gruppentourismus‘, mit Thomas Cook aus England und Karl Stangen aus Berlin als Hauptakteuren. Das Buch ist ein überaus bereicherndes und interessant gestaltetes  Werk über das europäisch-ägyptische gesellschaftliche Leben um die Jahrhundertwende.

Isolde Lehnert: Zur Kur an den Nil – Die Ägyptenreise von Max und Otto Meyerhof im Winter 1900/01. Reichert-Verlag. Wiesbaden 2017. 69,00 Euro. 280 Seiten

Das Wunder Kairo – Geschichten aus der Mutter aller Städte

Die Österreicherin Leone Strizik ist fasziniert von Ägypten und ihre Faszination vermittelt sie ihren Reisebegleitern. Seit Ende der neunziger Jahre besuchte sie auf insgesamt 16 Reisen zwischen zwei und fünf Wochen dieses Land ihrer Träume, immer wieder gemeinsam mit anderen interessierten Reisenden, mit denen sie ihre Begeisterung und Faszination teilen kann.

Einer gut informierten Freundin gleich nimmt sie die Leser mit auf ihre Spaziergänge und Streifzüge durch Kairos Straßen, Gassen und Märkte in den historischen Vierteln des islamischen Kairos und in Masr-Qadima.

In ihren Erzählungen verknüpft sie eine Fülle historischer Fakten mit interessanten Legenden und Hintergrundinformationen zu den architektonischen Bauwerken genauso wie mit anschaulichen Beschreibungen der Details und Ansichten und lebendigen Schilderungen ihrer eigenen aktuellen Eindrücke, von Situationen, in die sie eintaucht und Erlebnisse mit den Menschen, die sie antrifft, und durchaus wundersamen Begebenheiten aus Vergangenheit und Gegenwart. Indem sie mit dem geschriebenen Wort lebendige, bunte und sehr eindrucksvolle Bilder in der Vorstellung der Leser zaubert, die sie ergänzt durch sehr gelungene Fotos, schafft sie eine dichte und sehr authentische Atmosphäre.

Leone Strizik: Das Wunder Kairo – Geschichten aus der Mutter aller Städte. Books on Demand. 2018. 27.90 Euro. 292 Seiten. 

Stadt der Rebellion

Aus den gefeierten Helden des Umsturzes in Ägypten 2011 werden Versager und Verräter: Zu Beginn dirigiert die Bewegung des 6. April über soziale Medien die Absetzung des gehassten Diktators Mubarak und seiner Regierung. Immer wieder lenken die jungen Aktivisten Menschenmassen in den Kampf gegen die SCAF, die Militärregierung.Neben der Cyber-Revolution betreuen sie die Opfer und deren Angehörigen. Angetrieben sind sie durch ungeheure Wut gegen Ungerechtigkeit, Trauer um unschuldige Opfer, ihren Wunsch nach Menschlichkeit, aber auch durch jugendlichen Mut, naiven Utopismus,  ja geradezu durch Freude am anarchischen Kampf gegen Polizei und Militär sowie einer verzweifelten Suche nach einem Weg aus dem Sumpf. 

Ihr Mittel ist die mediale Öffentlichkeit in den sozialen Medien. Nach der Wahl Morsis und dessen Absetzung geraten sie jedoch in einen Strudel der Orientierungslosigkeit, Ratlosigkeit und Verzweiflung. In unerwarteten neuen Konstellationen werden ihre bisherigen Gegner zum Retter der Nation und ihre einstigen Verbündeten zu Feinden der Sicherheit und einer neuen Ordnung.

Erzähler und Protagonist ist Khalil, Sohn eines Palästinensers und einer Ägypterin, in Amerika geboren. Er kam nach Kairo um die ägyptische Musik zu studieren. Seite an Seite mit ägyptischen Aktivisten kämpfen er und andere aus dem Ausland herbeigeeilte sogenannte „Diaspora-Ägypter“ für den Aufbau eines neuen Ägyptens. Ihre Waffen sind Ipods und Blogs. „Stadt der Rebellion“ ist eine Dokumentation dieser Bewegung. In dieser Montage aus Tweeds und Mails, aber auch Erzählungen und inneren Monologen des Ich-Erzählers lebt der „Ägyptische Frühling“ wieder auf. Das Buch ist ein sehr authentischer und bewegender Roman, der gleichermaßen die überschäumende Hoffnung und die niederschmetternde Verzweiflung der Protagonisten darstellt. Zugleich ist mit diesem Buch Hoffnung verbunden, denn „die Erinnerung an die ägyptische Revolution ist die einzige Waffe, die uns geblieben ist.“

Omar Robert Hamilton: Stadt der Rebellion.Verlag Klaus Wagenbach. Berlin 2018. 319 Seiten. 24.00 Euro

Schwarze Frau vom Nil

Um 1000 v. Ch. flieht ein junges nubisches Mädchen vor den grausamen Beschneidungsritualen ihres Stammes, fällt ägyptischen Soldaten in die Hände und wird aus dem Goldland Nubien als Geisel nach Ägypten verschleppt. Als persönliches Eigentum des Pharaos wächst sie zunächst bei einer liebevollen Pflegefamilie auf.

Nach dem tragischen Tod ihrer Pflegeeltern kämpft sie inmitten von Ränkespielen und tödlichen Intrigen um ihr persönliches Überleben, bis der junge ehrgeizige Pharao auf sie aufmerksam wird.

Die promovierte Historikerin Brigitte Riebe möchte durch historische Romane „Geschichte durch Geschichten erzählen“. In dem faszinierendem Ägyptenroman erzählt sie von einer magischen Welt voller Machtkämpfe und Intrigen, in der Korruption und skrupellose Ausbeutung  den Menschen und insbesondere den Frauen das Leben schwermachen. Dennoch gibt es auch starke Frauen, die mutig gegen Tabus angehen und ihr Schicksal in die Hand nehmen. In Form einer mitreißenden Erzählung erfährt der Leser viele Zusammenhänge und Fakten aus der Geschichte Afrikas und Ägyptens.

Birgitte Riebe: Schwarze Frau vom Nil. dotbooks. München. 2018. 352 Seiten.0,99 Euro.

Der Pharao und die Götter - fünf Ägyptenromane

Eine Sammlung von vier Kriminalromanen, von denen zwei in der Zeit Echnatons und seines Nachfolgers Tutanchamon spielen. Es geht um den Machtkampf zwischen den übermächtigen Amunpriestern, denen Echnaton und seine schöne Frau Nofretete durch ihren neuen Glauben an den Sonnengott Aton Macht und Einfluss entziehen.

Sein Nachfolger Tutanchamon muss sich als noch kindlicher Pharao gegen die Einflussnahme der Priester durchsetzen.Es geht um Grabräuber und intrigante Minister, um Berater und deren Intrigen, um Verbrechen im Kampf um Geld und Macht.

Im dritten Roman stehen Ramses II und seiner treuer Berater Tameriq im Mittelpunkt. Tameriq ist der Held im Kampf gegen Grabräuber und Schänder der Totenruhe.

Ein weiterer Kriminalfall spielt in Edfu 1934, wo ein amerikanischer Archäologe das Grab eines ptolemäischen Königs entdeckt. Die Funde werden von skrupellosen Kriminellen geraubt und seine Tochter entführt. Eine abenteuerliche Jagd nach den Entführern der Tochter und den Schätzen beginnt.

Eine nette Lektüre auch für jugendliche Leser, die sich für das Pharaonische Ägypten interessieren. Die in der pharaonischen Zeit angesiedelten Kriminalfälle vermitteln Einblick in das damalige Leben und stellen Glauben und Totenkult der Pharaonen dar. Informationen in unterhaltsame Form gepackt.

Alfred Bekker, Margret Schwekendiek, Pete Hackett: Der Pharao und die Götter - fünf Ägyptenromane. Assiopeia Press. Lengerich/Westfalen 2015

Geschichte eines Verschwindens

Seit dem Tod seiner Mutter lebt der zwölfjährige Nuri mit seinem Vater, Kamal Pascha el-Alfi, Minister und Ratgeber des letzten libyschen Königs, im Exil in Ägypten, sehr zurückgezogen im Kairener Stadtteil Zamalek. Bei einem Ferienaufenthalt in einem kleinen Hotel in Agami lernen sie zu Beginn der 70er Jahre die in London lebende Mona kennen.

Als sein Vater und Mona heiraten, beginnt für Nuri eine verstörende Zeit, denn der Teenager hat sich ebenfalls in Mona verliebt. Seine Beziehung zu seinem Vater leidet vor allem, als er sich von den beiden nach England in ein Internat abgeschoben fühlt. Inmitten der emotionalen Turbulenzen des heranwachsenden Nuri wird sein Vater von libyschen Schergen aus seiner zweiten Wohnung in Genf entführt, vermutlich weil er einer oppositionellen Gruppe angehörte. 

Sein spurloses Verschwinden löst bei Mona und Nuri panische  Reaktionen und Verwerfungen auf. Nur sehr allmählich offenbart sich im Laufe der Jahre das  unerwartete  Doppelleben des Vaters.

Auch Hisham Matars Eltern stammen aus Libyen. Er verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Tripolis, bis seine Eltern nach Kairo emigrierten. Sein eigener Vater wurde von libyschen Sicherheitskräften entführt. Matar lebt heute in London. Sein stark biografisch geprägte Roman erzählt eindringlich von den zersetzenden Auswirkungen, die das mysteriöse Verschwinden des Vaters auf die hilflos Zurückbleibenden hat.

Hisham Matar: Geschichte eines Verschwindens. Btb-Verlag. München 2013.9,99 Euro. 190 Seiten.

Tunisian Yankee

Dawood emigriert 1912 aus Tunis nach New York. Der wissbegierige, freiheitsliebende junge Mann flüchtet vor seinem Vater, einem menschenverachtenden und unberechenbaren Familientyrann, und vor den Repressalien des französischen Kolonialregimes. In Amerika hofft er Freiheit  und Selbstbestimmung zu finden. In dem boomenden Einwanderviertel Little Syria arbeitet er hart für die Erfüllung seiner Träume, die er mit einer jungen Italienerin teilen möchte. Doch dann gerät er in das Räderwerk der Weltgeschichte. 

1917 wird er als amerikanischer Soldat in den ersten Weltkrieg nach Frankreich geschickt und dort schwer verletzt. In einem Lazarett in der Nähe von Paris kämpft Dawood um sein Leben.

Der Roman erzählt Dawoods Erinnerungen an sein vergangenes Leben und an seine Träume. Sie sind der Faden, an dem sich der traumatisierte Soldat festhält, um dem dem apokalyptischen Chaos der Realität im Sommer 1918 zu entfliehen.

Der preisgekrönte Roman erzählt Dawoods Familiengeschichte zurück bis zum Jahr 1850. Er greift Themen auf, die bis heute allgegenwärtig und von unveränderter Brisanz sind: Rassismus, Migration, Menschenhandel, kulturelle Identität und Emanzipation. Ein Roman über ein vergangenes Jahrhundert, in dem Cécile Oumhani die Geschichte der bis heute unvermindert brisanten Themen mit großer poetische Empathie und eindringlicher Bildhaftigkeit erzählt. Ein historisch sehr interessantes Buch, das seine Leser zutiefst beeindruckt.

Cécile Oumhani: Tunisian Yankee. Osburg Verlag.Hamburg 2018. 20,00 Euro. 350 Seiten

Odysseus aus Bagdad

Saad Saad, der Held dieses Romans, ist in Baghdad geboren als Saddam Hussein „sein erstes graues Haar entdeckte“. Er stammt aus einer einfachen, aber sehr gebildeten Familie. Sein Vater ist ein literaturbessener Bibliothekar und verehrt vor allem die altgriechischen Sagen von Homer. Golfkrieg, die anschließende Blockade und der Bürgerkrieg zerstören die Lebensgrundlagen,  viele Familienmitglieder kommen ums Leben.

So bleibt Saad nur die Flucht, wobei er wegen seiner Mittellosigkeit nur zwei Optionen hat: Als Terrorist bei Al Kaida anzuheuern oder mit undurchsichtigen Drogengeschäften und Schmuggel  aus dem Land zu kommen. Er wählt die zweite Option und gelangt nach Kairo, wo er bei afrikanischen Flüchtlingen eine Aufnahme findet. Sein Geld verdient er hier als Gigolo in einem Frauenclub. Nach einer lebensgefährlichen Flucht über Frankreich erreicht er London, das Ziel seiner Träume.

Der Roman erzählt exemplarisch die Geschichte eines Flüchtlings auf der Flucht vor Angst und Elend, in der Hoffnung auf eine sichere Existenz in Europa. Mit Saad Saad, einem modernen Odysseus, erhält dieses Schicksal ein persönliches Gesicht.

Der Autor hat bereits mit seiner Erzählung „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ viele Anhänger gefunden. Auch die abenteuerliche Geschichte des modernen Odysseus ist fesselnd geschrieben, gleichzeitig reflektiert der Erzähler auf ironische und satirische Art die Lebensumstände und das Verhalten seiner Zeitgenossen. Grotesk muten Saads Begegnungen mit dem verstorbenen Vater an, der ihm in kritischen Augenblicken mit seinen väterlichen, augenzwinkernden Weisheiten Mut macht und philosophisch die entsetzlichen Ereignisse bestehen hilft. Tragisch und grotesk, trotzdem sehr wirklichkeitsnah, ernst und heiter erzählt der Roman eine grausame Realität. Die Reisegefährten aus dem Jenseits und die mythischen Begebenheiten aus Homers Odyssee bewahren sowohl dem Helden und als auch dem Leser Humor und Hoffnung.

Eric-Emmanuel Schmitt: Odysseus aus Bagdad. Fischer-Taschenbuch. Frankfurt am Main 2015. 9,99 Euro. 301 Seiten.

Blood and Sand- Suez, Hungary, and Eisenhower’s campaign for peace

Im Oktober/November 1956 steht die Welt 16 Tage vor der Gefahr eines Atomkrieges, der damals auch als 3. Weltkrieg bezeichnet wurde. Ausgelöst und in besonderer Weise beeinflusst wurden die Ereignisse durch die Suez-Krise und die Revolution in Ungarn. 

Diese beiden Krisen werden in den Kontext mit dem Kalten Krieg, den arabisch-israelischen Konflikt und die Machtkämpfe um imperialistischen Einfluss und Ölvorkommen gestellt.

Alex von Tunzelmann schildert den historischen Wendepunkt der Weltgeschichte in Form einer minutiösen und sehr detaillierten Dokumentation aus den Archiven aller Beteiligten. So entsteht eine atemberaubende und sehr authentisch angelegte Darstellung der dramatischen Ereignisse, die den heutigen  Nahen Osten und seine Beziehung zum Westen entscheidend geformt haben: ein Geflecht von Verschwörungen, Revolutionen, Terroristen, Spionen, persönlichen Ambitionen und Unfähigkeiten, vielen unglücklichen Zufällen vor dem Hintergrund des Niedergangs der Kolonialmächte England und Frankreich und des Aufstiegs der USA als neuer Hegemonialmacht.

Die Historikerin von Tunzelmann hat eine ungeheure Fülle an Originaläußerungen und –zitaten zusammengetragen und schafft es mit einem guten Blick für die menschliche Komponente auf der weltpolitischen Bühne die Spannungen und die Verwirrungen unter den Mächtigen der Welt während dieser Phase der Umwälzung darzustellen.

Das Buch ist eine wichtige Lektüre für alle, die sich für den historischen Hintergrund des heutigen Nahen Ostens interessieren. Dabei lässt von Tunzelmann den Leser intensiv teilhaben an historischen Ereignissen aus menschlicher und sehr persönlicher Perspektive der zeitgenössischen Akteure und Beobachter.

Alex von Tunzelmann: Blood and Sand- Suez, Hungary, and Eisenhower’s campaign for peace. HarperCollins Publishers. New York 2017. 12,99 Euro. 534 Seiten. 

Khedivian Cairo – Identification and Documentation of Urban-Architecture in Downtown Cairo

Als der Khedive Ismail voller Enthusiasmus von der Weltausstellung in Paris zurückkam, stand für ihn fest: Er wollte am Nil ein „Paris des Orients“ schaffen. Seine neue Hauptstadt sollte eine der schönsten Städte der Welt werden. Dafür legte er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Grundsteine. Und seine Nachfolger die Khediven Tawfiq und Abbas planten und bauten bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiter an dem neuen Stadtkern, dem heutigen Downtown.

41 historisch und architektonisch bedeutsame Gebäude aus dieser Zeit sind in der Enzyklopädie von Soheir Hawass dokumentiert. Auf über 336 Seiten, mit fast 650 Fotos und 40 Karten sowie vielen Zeichnungen von Details und Fassaden will Dr. Soheir Hawass das baukünstlerische Erbe dieser Zeit bewahren helfen und Bewusstsein schaffen für die Schönheit dieser Bauwerke.

Soheir Hawass:Khedivian Cairo – Identification and Documentation of Urban-Architecture in Downtown Cairo. Architectural Designs Center. Cairo 2002. 300 LE

Gottes Offenbarung in Menschenwort. Der Koran im Licht der Barmherzigkeit

Traditionell und doch modern: Aus der Verbindung der traditionellen islamischen Koranwissenschaft mit Methoden europäischer Geschichtswissenschaften entwirft Mouhanad Khorchide einen neuen Zugang zum Koran.

 Obwohl der Koran als geoffenbartes Gotteswort gilt, wird er zugleich als historisch gewordener Text verstanden.Dieses Aufeinandertreffen scheinbar sich widersprechender Methoden ist Thema des Eröffnungsbandes aus der Reihe „Herders theologischer Koran-Kommentar".

Mouhanad Khorchide hat neben dem aktuellen Forschungsstand den eigenen hermeneutischen Ansatz erarbeitet und sein eigenes methodisches Vorgehen beschrieben:  Kann die historisch-kritische Methode der Bibelexegese auch auf den Koran angewendet werden? Der Ansatz  Khorchides lässt im Spannungsfeld von historischer, literarischer und theologischer Auslegung  weitreichende Diskussionen und Debatten  erwarten.

Dieser Band ist der Erste aus der auf 17 Werke angelegten Reihe. Zu einer ausführlichen Rezension:  https://de.qantara.de/inhalt/khorchides

Mouhanad Khorchide, Gottes Offenbarung in Menschenwort. Der Koran im Licht der Barmherzigkeit, Herders theologischer Koran-Kommentar Band 1, Verlag Herder, Freiburg 2018, 352 Seiten. 30.00 Euro.